R U D O L F H O F F M A N N :

M O R D O D E R M O R D V O R T Ä U S C H U N G ?

DER HISTORISCHE KRIMINALFALL VOM RATH / GRYNSZPAN

IM LICHTE VON SCHLÜSSIGKEITSPRÜFUNG UND SACHBEWEISFORSCHUNG

Zu den Vorgängen, die 1938 Hitler Vorwand und Anlaß lieferten zum organisierten Verbrechen der "Reichskristallnacht"

SKRIPTUM FS 109 FS 109

Lüdenscheid 1988

ALL RIGHTS RESERVED BY THE AUTHOR RUDOLF HOFFMANN PF


I n h a l t

Vorspann III-V

Wie soll man den Sachverhalt schildern? 1

"Grünspan Attentat: Der Tote lebt" 2

Die "Geschichtserzählung" 3

Schüsse die niemand gehört hat 3

Wo bleibt der Beweis? 5

Welches sind die strafprozessual zulässigen Beweise? 5

Die Hauptfehlerquellen in den Falldarstellungen 6

Welchen Wert haben Geständnisse und Aufzeichnungen? 6

Die Zeugenaussagen: Sind sie glaubhaft? Sind sie schlüssig? 13

Horrende Einseitigkeit des Untersuchungsrichters 14

Verdächtig: Vom Raths "vorbildliche Ruhe und Selbstbeherrschung" 15

Wie groß waren Wahrheitsliebe und Rechtschaffenheit der NS Amtsträger? 16

Was beweisen die ärztlichen Bulletins? 20

Die fragwürdige Erklärung des Schnellobduzenten Dr. Charles Paul 24

Wie steht es mit dem Sachbeweis? 30

Ablenkungsmanöver und deutsch französische Kollaboration 31

Schnell hinein, schnell hinaus und Havas Meldung Nr.13 38

Provokation? 40

NS Rufmord und Schaffung von "Märtyrern" 42

Verzeichnis der angeführten Schriften 54


FS 109 - Vorspann

Die Synagogen waren in Brand gesteckt. Die Schaufenster von Geschäften zertrümmert. Läden, Wohnungen und Schulen demoliert. Männer verprügelt, verwundet, erschlagen, ins KZ geschleppt. Frauen vergewaltigt. Parolen angeschmiert:

JUDA VERRECKE! RACHE FÜR VOM RATH! VERGELTUNG FÜR PARIS! KEINE VERSTÄNDIGUNG MIT DER JUDENHÖRIGEN FREIMAUREREI!

Dies war die Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 in Hitlers Großdeutschem Reich. Ein vom NS Regime geplantes, organisiertes Verbrechen.

Wofür sollte Rache genommen werden?

Für eine Mordtat:

Behauptet wurde, ein junger deutsch polnischer Jude habe in Paris einen deutschen Diplomaten, den Legationssekretär Dr. jur. Ernst Eduard vom Rath, niedergeschossen.

Wer war vom Rath?

Am 7. Januar 1939 erklärte mit geschickter Nachhilfe von NS-Juristen ein älterer Herr dem Untersuchungsrichter in Paris:

"Mein Sohn Ernst ist am 3.Juni 1909 in Frankfurt am Main geboren. Er war der älteste meiner drei Söhne ... Ich lege Wert auf die, Feststellung, daß mein Sohn Anhänger der nationalsozialistischen Bewegung war. Er war Parteimitglied von 1932 an, das heißt schon vor der Machtergreifung. Er war in voller Übereinstimmung mit seiner Regierung und der Sache des Nationalsozialismus. Was mich selbst betrifft, so bin ich Regierungsrat außer Dienst seit 1919.

Die NS Presse beschrieb den Werdegang Ernst vom Raths wie folgt: "Parteigenosse Ernst Eduard vom Rath ist aus dem preußischen Justizdienst hervorgegangen. Diesem hat er als Referendar angehört. 1934 wurde er als Anwärter für den höheren auswärtigen Dienst berufen. Er war eine Zeit lang in der Zentrale beschäftigt und vorübergehend in der Gesandtschaft in Bukarest tätig, danach in Paris und im Generalkonsulat in Kalkutta. Im August 1938 wurde vom Rath erneut der Botschaft in Paris zugeteilt. Am 18.September 1938 wurde er zum Legationssekretär ernannt. Er gehört seit 1932 der NSDAP an. Er hat auch als SA-Mann Dienst getan."

War Ernst vom Rath ein überzeugter Nationalsozialist?

Die vielen Trauerredner und die Zeitungsschreiber der Goebbels'schen Presse behaupteten es. Der junge Diplomat vom Rath wurde als "neuer Märtyrer der NS Bewegung" und "Blutzeuge" des Diplomatischen Dienstes und des Auslandsdeutschtums verherrlicht. Er erhielt ein Staatsbegräbnis, wie Deutschland es noch nie erlebt hatte. Eine NSKK Standarte wurde nach ihm benannt. Eine Straße in Stuttgart, der "Stadt des Auslandsdeutschtums", erhielt seinen Namen.

Falldarstellerin Rita Thalmann weiß jedoch zu berichten: Die Familie vom Rath wohnte 1938 in Berlin und hatte einen Herrn Magnus Davidson zum Nachbarn. Davidson war Oberkantor der großen Berliner Synagoge und machte im November 1938 einen Beileidsbesuch bei Familie vom Rath. Gleichzeitig drückte Herr Davidson die Anteilnahme der jüdischen Gemeinde am Schicksal des jungen Herrn vom Rath aus. Der trauernde alte Herr vom Rath soll bei dieser Gelegenheit geäußert haben: "Lieber Herr Oberkantor, weder Sie noch ein anderer Jude hat an dieser Sache schuld! Ich glaube, daß mein Sohn im Auftrag ermordet worden ist. Er hat zu viel geredet. Da hat man sich eine Kreatur genommen."

Hatte Ernst von Rath zu viel geredet? Hatte er sich tadelnd geäußert zu den judenfeindlichen Maßnahmen des NS Regimes? Hörensagenzeuge Otto Abetz bekundete es dem Münchener Institut für Zeitgeschichte gegenüber unter Hinweis auf den Gesandtschaftsrat Auer. Dieser habe den jungen Ernst vom Rath gut gekannt.

Hatte Hitler eine gedungene Kreatur in Tätigkeit gesetzt, um vom Rath ermorden zu lassen? Oder hatte Hitler Ernst vom Rath "in die Standarte Horst Wessel eingehen" lassen und ihm eine neue Identität verliehen, um einen "jüdischen Meuchelmord" an einem Vertreter Deutschlands vorzuspiegeln, der, ihm den Vorwand lieferte zu einer großen Verfolgungsmaßnahme gegen die Juden? Adolf Hitlers Bewegung war durch Vortäuschungen von Todes fällen und durch Mißbrauch der Justiz groß geworden. Handelten der jugendliche Herschel Grynszpan und der junge Diplomat Ernst vom Rath gemeinschaftlich? Ließen sie sich beide nach geheimem Aktionsplan fernsteuern?

Wie soll man den Sachverhalt schildern?

Fragen wir Redakteure von Nachrichtenmagazinen, fragen wir Juristen: "Wie hat man in einem Kriminalfall den Sachverhalt zu schildern?"

Im wesentlichen erhalten wir übereinstimmende Antworten: "Hier gibt es eine klare Regel: Die Tat ist so zu schildern, als hätte man sie miterlebt. Man erzähle sie als Augenzeuge zusammenhängend und mit allen Einzelheiten, die für den Tatbestand oder das Strafmaß wichtig sind."

Diesen Rat finden wir in dem von Richtern viel gekauften Buche der Autoren Kroschel und Doerner betitelt "Die Abfassung der Urteile in Strafsachen. Ein Wegweiser für die Praxis".

Die Redakteure des Hamburger Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL und die juristisch versierten Falldarsteller dieser Kriminalaffaire wie Diewerge, Grimm, Kaul, Torrès, die Zeitgeschichtler Heiber, Thalmann und Roizen: Sie alle schildern uns den äußeren Hergang so, als wären sie dabei gewesen.

Worauf berufen sie sich? Auf Aussagen und Angaben. Über die "Tat", meinen sie, wüßten sie genau Bescheid. Nur hinsichtlich des Tatmotivs und der Hintergründe hegen sie Zweifel und tragen unterschiedliche Deutungen vor.

Was kommt bei dieser Art "Geschichtserzählung" meist zu kurz? Der Beweis! "Im Mittelpunkt des Strafverfahrens steht der Beweis." Diese Feststellung von Karl Peters wird oft außer acht gelassen. Vorweg muß jeder Falldarsteller sorgfältig die Schlüssigkeit des erhobenen Beweises prüfen. Sonst können Motivdeutungen und Hintergrundforschungen in die Irre führen.

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"Grünspan Attentat: Der Tote lebt"

Unter dieser Überschrift veröffentlichte 1960 das Hamburger Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL einen Artikel mit Schilderung des historischen Geschehens vom November 1938. Der SPIEGEL-Falldarsteller erzählt im "historischen Präsens" so, als habe er alles miterlebt.

Welcher Tote lebte? Der vermeintliche Attentäter. Er hatte nichts mehr von sich hören lassen. Seine Eltern hatten ihn daher gerichtlich für tot erklären lassen.

Laut Informationen des SPIEGELs hat die französische Polizei dem jungen Herschel Grynszpan nach seiner Befreiung aus dem deutschen KZ 1945 eine neue Identität verliehen

Aber nicht nur der angebliche Attentäter, auch sein angebliches Opfer konnte von der Polizei eine neue Identität erhalten ha ben. Von einer Polizei, die schon im Jahre 1938 international sehr eng zusammenarbeitete. Der Präsident von INTERPOL wurde 1938 ein österreichischer SS Führer. Kurze Zeit danach setzte Himmler durch, daß Heydrich Präsident von INTERPOL wurde und der Sitz von INTERPOL von Wien nach Berlin verlegt wurde. Attentate werden in der Regel nicht verübt, sie werden vorgetäuscht. Der "polnische Überfall auf den deutschen Sender Gleiwitz" und "polnische Grenzüberfälle" in Oberschlesien in der Nacht vom 31. August auf den 1. September 1939 wurden von Staats wegen fingiert. Unschuldige wurden dabei ermordet, und V Leute aus den Reihen der SS eingesetzt. Das in der Bun-desrepublik Deutschland fingierte Sprengstoff Attentat auf die Strafvollzugsanstalt Celle am 25. Juli 1978 ist nur ein Beispiel für fingierte Attentate.

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Die "Geschichtserzählung": Wie sich in Paris ein Jüngling einen Trommelrevolver kauft und zur Deutschen Botschaft fährt

Der SPIEGEL Falldarsteller erzählt die Geschichte so:

"Am frühen Morgen des 7. November 1938 verläßt der 17jährige deutschpolnische Jude Herschel Grünspan polnisch Grynszpan sein Quartier im Pariser Hotel 'Suez'. Um 8.30 Uhr betritt er den Laden 'A La Fine Lame' ('Zur feinen Klinge') des Waffenhändlers Carpe in der Rue Faubourg St. Martin Nr.61. Er kauft für 245 Francs einen Trommelrevolver, lädt ihn auf der Toilette des nahegelegenen Cafés 'Tout va bien' und fährt mit der U Bahn zur Deutschen Botschaft Rue de Lille.

Woher weiß der Geschichtserzähler das? Von dem Zeitgeschichtler Heiber, der 1957 eine Darstellung dieses Kriminalfalls verfaßt hat. Heiber seinerseits beruft sich auf die Darstellung von zwei Leuten, die am 8. November 1938 vom NS Propagandaminister Dr. Goebbels von Amts wegen mit der propagandistischen und juristischen Bearbeitung dieser Affaire beauftragt worden waren, auf einen Ministerialbeamten im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda Diewerge und den Rechtsanwalt Professor Dr. Grimm. Ferner auf Auskünfte, die drei Angehörige der Deutschen Botschaft dem Institut für Zeitgeschichte viele Jahre nach dem Ereignis erteilten.

Schüsse, die niemand gehört hat

"Kurz vor zehn Uhr wird der Besucher, der angeblich ein wichtiges Dokument überreichen will, dem diensttuenden Legationssekretär Ernst Eduard vom Rath vorgeführt. In dem kleinen Zimmer des Diplomaten zieht Grünspan wenige Sekunden später den Revolver und schießt von hinten fünfmal auf den am Schreibtisch sitzenden vom Rath. Drei Projektile Kaliber 6,35 Millimeter gehen fehl, eins streift die Schulter, ein weiteres durchschlägt Brustkorb, Milz und Bauchspeicheldrüse. Ernst vom Rath, auf dem Krankenbett zu Gesandtschaftsrat 1. Klasse befördert, stirbt zwei Tage später, am 9. November 1938 um 16.30 Uhr."

Soweit die Geschichtserzählung. Zeitgeschichtler Helmut Heiber meint: "Die Rekonstruktion der Tat bietet keine besonderen Schwierigkeiten". Die Angaben des NS Juristen Professor Dr. Friedrich Grimm, der sich auf Kopien der französischen Gerichtsakten beruft, und des Goebbel'schen Rassenhetzpamphletschreibers Wolfgang Diewerge sowie die persönlichen Mitteilungen des damaligen deutschen Botschafters Graf Welczeck und der Beamten der Botschaft Dr. Ernst Achenbach und Dr. Curt Bräuer erscheinen dem Falldarsteller Heiber als hinreichend zu einer Rekonstruktion des Hergangs: Eine Reihe von Zufällen habe am 7. November 1938 "vermutlich" eine Rolle gespielt: Der junge Grynszpan habe sich nicht die Mühe gemacht, die Lebensgewohnheiten des deutschen Botschafters in Paris auszukundschaften. Deshalb habe er "den etwas salopp gekleideten Endfünfziger am Eingang der Botschaft nicht erkannt. Graf Welczeck sei von seinem gewohnten Morgenspaziergang an der Seine zurückgekommen. Von Grynszpan angesprochen, habe er diesen an den Pförtner verwiesen. Zufälligerweise sei der "an sich zuständige Gesandtschaftssekretär“ Dr. Achenbach an diesem Morgen erst verspätet zum Dienst erschienen.

Daher sei das Schicksal Ernst vom Raths besiegelt gewesen.

Nach Heiber spricht es nicht gerade für die Eignung Grynszpans als Schützen, daß er in einem kleinen Zimmer fünfmal auf den vor ihm sitzenden vom Rath geschossen und ihn aus einer Entfernung von etwa zwei Metern dreimal verfehlt habe.

Übersehen worden ist dabei: Es gab nur einen Ohrenzeugen, den Amtsdiener. Dieser hatte nichts davon berichtet, daß er Schüsse oder auch nur einen. einzigen Schuß gehört hatte!

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Wo bleibt der Beweis?

Was beweist uns, daß der junge Grynszpan am Vormittage des 7. November 1938 auf den Legationssekretär Ernst vom Räth geschossen und diesen verwundet hat? Was beweist uns, daß vom Rath tatsächlich zwei Tage später gestorben ist?

Eine auf Kopien der französischen Gerichtsakten gestützte Untersuchung hat der Ostberliner Jurist Friedrich Kaul vorgenommen. Diese Untersuchung ist bei weitem das Beste, was an Falldarstellungen bislang im Druck erschienen ist. Aber auch für die Kaul'sche Darstellung gilt, was Karl Peters in seinem Lehrbuch "Strafprozeß" betrübt feststellt: "An der kriminalistischen Ausbildung der Juristen fehlt es so gut wie ganz."

"Strafprozessuale Beweise können nur mit strafprozessualen Mitteln geführt werden". Diese Erkenntnis des schweizerischen Kriminalistik Professors Hans Walder ist noch nicht weit verbreitet.

Welches sind die strafprozessual zulässigen Beweise?

Es sind:

1) überzeugende Geständnisse,

2) glaubwürdige Zeugenaussagen,

3) Augenscheine,

4) unverdächtige Urkunden,

5) Beweisstücke,

6) Indizien, die durch die Mittel 1) bis 5) zu belegen sind und

7) überzeugende Expertisen.


Die Hauptfehlerquellen

Drei der sechs Hauptfehlerquellen, die Max Hirschberg in seinem Buch "Das Fehlurteil im Strafprozeß" beschreibt, lassen sich in den Urteilen der Falldarsteller aufzeigen:

1) unkritische Bewertung der Geständnisse,

2) unkritische Bewertung der Zeugenaussagen,

3) unkritische Bewertung der Sachverständigengutachten.

Zu einer Hauptverhandlung gegen den tatverdächtigen jungen Grynszpan ist es weder in Frankreich noch in Deutschland gekommen. Zwei französische Untersuchungsrichter bemühten sich vom November 1938 bis zum Juni 1940 fast ausschließlich darum, die "Motive" des Täters zu enträtseln. Die "Tat" selbst setzten sie unkritisch als feststehend voraus, hauptsächlich aufgrund der Geständnisse des Beschuldigten.

"Die das Geständnis begründenden Fakten sind sorgfältig zu überprüfen, das Geständnis ist beweismäßig zu untermauern, um falsche Geständnisse zu erkennen "(Kriminalistik Lexikon).

Auch wahrheitsgemäß abgegebene Zeugenaussagen können in die Irre führen, wenn die Schlüssigkeitsprüfung unterbleibt. Nicht formstreng abgegebene Zeugenaussagen unterliegen dem strafprozessualen Verwertungsverbot. Sie müssen rigoros ausgeschieden werden. Die Zuverlässigkeit psychiatrischer Begutachtung ist gleich null, wenn die faktischen Voraussetzungen nicht stimmen,

Welchen Wert haben_Grynszpans Geständnisse und Aufzeichnungen?

Der jugendliche Täter hat wiederholt Kriminalbeamten, Untersuchungsrichtern, Ärzten und Verteidigern gestanden, er habe aus dem von ihm gekauften Trommelrevolver auf einen Attaché in der Deutschen Botschaft fünfmal geschossen. Daß er auch nur eine einzige der fünf Patronen verschossen hat, ist mit dem kriminalpolizeilichen Tatortbefund unvereinbar! In der Trommel

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des Revolvers, den der französische Kommissar "bei der sofort vorgenommenen Besichtigung des Tatorts im Dienstzimmer vom Raths auf dem Boden rechts von der Tür" fand, steckten (so Aktenforscher Kaul) noch fünf Patronen nicht Patronenhülsen!

Die Behauptung des NS Pamphletisten Diewerge, "der Mörder" habe nach Abfeuern von fünf Schüssen aus seinem Trommelrevolver "den leergeschossenen Revolver nach seinem Opfer geworfen", kann unmöglich stimmen, wenn wir die Richtigkeit des Tatortbefundes voraussetzen.

Grynszpan behauptete laut 1. Vernehmungsprotokoll der französischen Polizei: "Ich zog den Revolver, den ich in der Innentasche meines Rockes versteckt hatte, und schoß; in dem Augenblick, wo ich die Waffe zog, erhob sich der Attaché von seinem Sessel. Ich feuerte jedoch alle Kugeln ab."

Hätte er alle fünf Patronen verschossen, hätte die Trommel fünf Patronenhülsen enthalten müssen! Dies darf man nicht übersehen! Weshalb sollte der französische Polizeikommissar etwas erfinden? Ihm war gestattet worden, sogleich den "Tatort" zu besichtigen und die dort vorgefundene "Tatwaffe" zu untersuchen. Der "Kanzler" der Botschaft Lorz und dann später der juristische Beauftragte der Reichsregierung Professor Grimm haben nie einen Einwand gegen die Aufklärungsarbeit der französischen Polizei erhoben. Grimm versicherte: "Die französische Polizei gab sich die größte Mühe, die Wahrheit zu ermitteln und die Tat auf das beste aufzuklären". Sie hat aber dem geständigen Herschel G,rynszpan nie vorgehalten, daß seine Behauptung, er habe die gekauften fünf Patronen verschossen, mit dem Tatortbefund unvereinbar war!

Klar und deutlich stellt das äußere Geschehen eine Deliktvortäuschung dar beruhend auf dem Auslegen von fingierten Schußspuren im "Tatzimmer". Grynszpan gestand seine "Tat" gegenüber dem Revierkommissar, dem Kommissar der Kriminalpolizei, den Untersuchungsrichtern, den Verteidigern und seinen psychiatrischen Gutachtern mit wechselnden Angaben hinsichtlich seines Motives. Hinsichtlich der Tat selbst, hinsichtlich des Abgebens von fünf Schüssen aus dem gekauften Trommelrevolver, war sein Geständnis ganz und gar unglaubhaft.

Warum übergingen die französischen und nach Auslieferung Grynszpans die deutschen Polizeibeamten und Staatsanwälte das Ergebnis des Tatortbefundes? Weshalb? Weil sie den objektiven Tatbestand der Vortäuschung des Attentats nicht aufdecken wollten?

Und die Anwälte beider Parteien, die französischen und die deutschen: Erkannten sie nicht, daß der objektive Tatortbefund ganz unvereinbar war mit der Behauptung, Grynszpan habe mit seinem Revolver fünf Schüsse auf vom Rath abgegeben und diesen verletzt? Unterscheiden müssen wir bei Faustfeuerwaffen zwischen Pistolen und Revolvern. Pistolen haben das Patronenmagazin im Griff und werfen Hülsen aus. R6volver haben eine Drehtrommel, Die Hülsen verbleiben nach Abfeuern von Patronen in der Trommel. Maître Torrès, einer der Verteidiger, schien davon nichts verstanden zu haben: In seiner Darstellung kaufte sich der "kindliche Selbstjustiz übende" Herschel Grynszpan einen Revolver, feuerte aber dann Schüsse aus einer "Pistole" und warf diese Pistole ins Nachbarzimmer! Historiker Heiber schien sich nicht besser auszukennen: Er ließ den jungen Herschel einen Trommelrevolver kaufen, machte ihn dann aber zu einem "Pistolenschützen" Nach Abfeuern von fünf Patronen hätten fünf Hülsen in der Trommel der Tatwaffe stecken müssen! Diewerge spricht von Herschels Neigung "zur Ausrede und Lüge" und beruft sich auf die Beurteilung der jüdischen und der nichtjüdischen Lehrer in Hannover. Ein Grund mehr, das Tatgeständnis unglaubhaft zu finden.

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Was beweist Herschels im Hotel zurückgelassene Abschiedskarte?

"Meine lieben Eltern, ich kann nicht anders handeln. Gott möge mit verzeihen. Mein Herz blutet, wenn ich von der Tragödie der 12.000 Juden höre. Ich muß dagegen aufschreien, damit die ganze Welt meinen Ruf hört, und das muß ich tun. Verzeiht mir, Euer Herschel.

Aufschreien nicht schießen! Diese Abschiedszeilen sind vieldeutig. Sie widerlegen nicht, daß der Trommelrervolver noch fünf Patronen unverschossen enthielt, daß keine Patronenhülsen in der Tatwaffe steckten und keine Hülsen aufgefunden wurden!

Der junge Täter mag unter einem auf ihn ausgeübten Druck nicht anders haben "handeln" können. Aber diese Tat war seine. Beteiligung am Vortäuschen eines politischen Mordes.

Es existiert eine Akte der französischen Fremdenpolizei Nr.105629. Diese besagt: Der damals erst Vierzehnjährige war schon einmal am 1. August 1935 nach Frankreich eingereist. Zu welchem Zweck? Herschel hat sich dazu nie erklärt. Im August 1935 war er an der Rabbinischen Lehranstalt in Frankfurt am Main eingeschrieben um Hebräisch zu lernen angeblich für eine Auswanderung nach Palästina. War er hinter dem Rücken von Eltern und Lehrern veranlaßt worden, einen Ausflug nach Frankreich zu machen als Langzeit Perspektiv Agent?

Drei französische Psychiater suchten die "Psyche" des jungen Mannes zu explorieren. Sie befragten ihn über die einzelnen Daten seiner Aufenthalte in Frankreich und Belgien: Da "versagte ab und zu sein Gedächtnis". Lag es daran, daß ihm Schweigen auferlegt worden war? Weshalb hatte Herschel keine Lehre in Hannover angefangen? Sein Bruder Markus war Lehrling bei einem jüdischen Klempner in Hannover. Vater Grynspan hätte seinem Sohne Herschel eine Schneiderlehre in seiner eigenen Werkstatt angedeihen lassen können. Was oder wer veranlaßte den Jungen zu einem Bumelantenleben? War jener Uhrmacher Katz, den Falldarstelller Kaul erwähnt (er soll Herschel angeregt haben zur Auswanderung und zum Besuch der Rabbinerschule in Frankfurt), Agent des SS-Sicherheitsdienstes? Waren die rätselhaften Unterlassungshandlungen in den Visaangelegenheiten ein ihm heimlich aufgetragenes Fehlverhalten, damit später das Polizeiplanspiel "Revolverattentat in der Botschaft" plausibel erschien?

Am 13. Februar 1939 hatten die NS Behörden in Hannover fünf Mitgliedern des Vorstandes der Synagogengemeinde Hannover großzügig erlaubt, die Wohnung der Familie Grynszpan zu besichtigen und festzustellen, daß diese nicht im geringsten beschädigt war. Sie hätten sich, so schrieb NS Pamphletist Diewerge genüßlich, davon überzeugen können, daß keine Gegenstände aus Wohnung und Schneiderwerkstatt Vater Grynszpans entwendet oder zerstört worden waren. Auch davon, daß Abwesenheitspfleger oder Bevollmächtigte für die als Devisenausländer anerkannten Abgeschobenen polnischer Staatsangehörigkeit eingesetzt worden waren, die Wäsche und Kleidungsstücke hätten nachsenden dürfen! Außerdem seien dann später die Möbel und Einrichtungsgegenstände der ausgewiesenen Grynszpans im Zollspeicher in Hamburg zu ihrer Verfügung gehalten worden.

All das wird in Diewerges "Gelbbuch" betitelt "Anschlag gegen den Frieden" propagandistisch ausgeschlachtet. In der im Sommer 1939 veröffentlichten Broschüre wird eine fotografische Aufnahme des Grynszpan'schen Wohnzimmers abgedruckt mit der Bilderklärung: "Die Widerlegung einer Lüge: So sieht die angeblich geplünderte Wohnung der Eltern in Hannover noch heute aus."

Dies und die mit der polnischen Regierung später getroffenen Vereinbarung zur "Regelung des Vermögens" der Abgeschobenen

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nimmt nichts weg von der brutalen Tatsache: Das Gros dieser Ausgewiesenen wurde in den nächsten Jahren in den Vernichtungslagern des NS Regimes umgebracht. Der Familie Grnyszpan wurde die Ausreise über die Sowjet Union nach Palästina ermöglicht. Herschel wurde geschont und erhielt, als das NS Regime 1940 seine Auslieferung bewirkt hatte, Vorzugsbehandlung.

Herschels Erklärung am 8. November 1938 bei der ersten Einvernahme durch den Untersuchungsrichter, er habe "weder aus Haß, noch aus Rache" gehandelt, sondern aus Liebe zu seinem Vater und den Seinen, kann durchaus zutreffen. Auch seine Äußerung im Jugenduntersuchungsgefängnis Fresnes, er habe niemanden töten wollen.

Was unkritisch oder spiegelfechterisch vorausgesetzt wurde ohne strafprozessualen Beweis war die Behauptung, Herschel habe jemanden getötet!

Spricht etwas dafür, daß das Personal der Deutschen Botschaft in Paris mit dem Auftauchen des jungen Mannes am 7. November 1938 rechnete? Daß das Ganze arrangiert wurde nach Plan?

Viees spricht dafür bei Prüfung des amtlichen Berichts des Botschafters. Dieser Bericht ist strafprozessual kein zulässiges Beweismittel für das Verfahren gegen den Tatverdächtigen. Aber bei kriminalistischer Durchleuchtung fällt auf: Die für den objektiven Tatbestand wesentlichen Punkte überging der Botschafter geflissentlich. Weshalb machte er keinen Gebrauch von der ihm zustehenden Polizeibefugnis? Weshalb setzte er nicht den seiner Botschaft zugeordneten Kriminalbeamten SS Sturmbannführer Bömelburg oder einen andern Beamten des Reichskriminalpolizei-amtes oder der Sicherheitspolizei Hauptamt 13 in Tätigkeit? Warum wurde Herschel Grynszpan so schnell vom Amtsgehilfen dem vor der Botschaft postierten französischen Polizeibeamten übergeben? Bömelburg war Verbindungsmann Nebes und Heydrichs zur französischen Polizei?

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Rätselhaft erschien den Falldarstellern, weshalb Herschel sich im Sommer 1940 in Südfrankreich wieder freiwillig im Gefängnis einfand und keinen Kontakt zu seinen dorthin geflüchteten Verwandten suchte und weshalb sein Anwalt Szwarc zu spät kam, um ihn in Sicherheit zu bringen.

Wenn er das Revolverattentat gar nicht begangen hatte, sondern Geheimagent einer deutsch französischen Polizeiaktion war, wird sein Verhalten verständlich. Bei all dem kann die Furcht mitgespielt haben, daß das NS Regime anderenfalls seine Familienangehörigen töten würde, wenn er, Herschel, sich nicht weiter willfährig zeigte.

Verständlich wird jetzt, weshalb die NS Behörden den jungen Grynszpan so schonten und ihm im KZ Sachsenhausen eine Vorzugshandlung angedeihen ließen: Er brauchte nicht Häftlingskleidung und nicht Häftlingsnummer zu tragen, wurde nie geschlagen, nie schikaniert. Er durfte sich tagsüber im Lager frei bewegen. Eine Parallele zum Pseudo Attentäter Elser.

Falldarsteller Ron Roizon zweifelt am Weiterleben Herschels nach 1945 hauptsächlich, weil die Eltern Grynszpan nie mehr etwas von ihrem Sohne zu hören bekamen und seine Tat ja ohnehin verjährt war. Wenn die "Tat" aber keine Mordtat war, sondern ein Mitwirken an einer Attentatsvortäuschung, die Hitler Vorwand und Anlaß zur "Reichskristallnacht" bot, braucht sich niemand zu wundern, daß Herschel Grynszpan es vorzog oder noch immer vorzieht, unter fremden Namen von der französischen Polizei gedeckt in Paris zu leben, um in Ruhe gelassen zu werden.

Die Tagebuchaufzeichnungen des Untersuchungshäftlings Herschel fielen 1940 der deutschen Feldpolizei in die Hände und wurden vom NS Juristen Grimm "ausgewertet". Wie alle anderen schriftlichen Äußerungen beweisen sie nichts hinsichtlich des objektiven Tatbestandes.

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Die Zeugenaussagen

Sind die Zeugenaussagen glaubhaft? Sind sie schlüssig? Wer kommt als unmittelbarer Augen und Ohrenzeuge in Betracht?

Vom Rath selbst. Doch dieser ist nicht formstreng, ja überhaupt nicht vernommen worden. Der in die Klinik eingelieferte angeblich oder tatsächlich Schußverletzte Patient soll zumindest zeitweilig am 7., 8. und 9. November bei klarem Bewußtsein gewesen sein und sich laut Pressemeldungen auf französisch mit dem Blutspender Thomas und der Krankenpflegerin unterhalten und ihnen mit vollendeter Höflichkeit gedankt haben.

Weshalb zeigten Frankreichs Polizeibeamte, Staatsanwälte und Untersuchungsrichter eine solche Abneigung, die Klinik de l'Alma aufzusuchen und dort festzustellen, wer eingeliefert worden war, in welcher Verfassung er war und was er zum objektiven Tatbestand zu sagen hatte?

Weshalb unterließ der Untersuchungsrichter die formstrenge Einvernahme des Personals der Deutschen Botschaft? Des Amtsgehilfen Nagorka, des Gesandtschaftsrats Dr. Achenbach?

Weshalb wurde der französische Chirurgie Professor Dr. Baumgartner, der den Schußverletzten untersucht, operiert und behandelt haben soll, nicht vernommen? Und der Vertrauensarzt der Deutschen Botschaft Dr. Claass? Vor allem zur Frage der Identität des Patienten!

Botschafter Graf Welczeck verfaßte einen amtlichen Bericht und sandte ihn an das Auswärtige Amt. Der Bericht ist kein zulässiges Beweismittel im Sinne der Prozeßordnung. Weshalb wurde der Botschafter nicht zum Sachverhalt formstreng von Polizei und Untersuchungsrichter vernommen?

Wir müssen uns hier erneut vor Augen halten, was Hans Walder in seinem Buche "Kriminalistisches Denken" die beweisformalistische Säuberung und Sichtung des Ausgangsmaterials nennt: "Zu jeder Beweisführung müssen die gesetzlich vorgesehenen Mittel verwendet werden." "Alles, was daher nicht durch die oben aufgeführten Beweismittel belegt ist, muß ausgeschieden oder durch ein solches Mittel belegt werden."

Die französische Polizei hatte es sehr eilig, den Abschlußbericht über ihre Ermittlungen zusammenzustellen. Dies tat sie schon in der Nacht des 7. November. Daß der festgestellte objektive Befund, die noch mit fünf Patronen geladene Tatwaffe, mit der Selbstbezichtigung des geständigen Grynszpan unvereinbar war, wurde einfach ignoriert und mehr noch kaschiert durch die Feststellung des Kommissars J. Monnoret, Grynszpan habe "die Fakten zugegeben und erklärt, er habe so gehandelt, um die Juden in Deutschland zu rächen". Das "so gehandelt" war jedoch kein Begehen eines Mordes! Der Pariser Kriminalpolizeiinspektor Badin begnügte sich mit einer Vernehmung des Beschuldigten und mit dessen Erklärung, er, Grynszpan, habe sich entschlossen, einen Racheakt gegen einen Vertreter des Dritten Reiches zu begehen, gleich nachdem er die Postkarte seiner Schwester Berta erhalten habe.

Horrende Einseitigkeit des Untersuchungsrichters

Mit gefesselten Händen und einem Polizisten, der ihm am linken Arm hielt, wurde Herschel am Nachmittag des 8. November von drei Inspektoren zum Untersuchungsrichter geführt. Die Rechtsanwälte Szwarc und Vesinne Larue warteten seit zehn Uhr morgens auf ihren Mandanten. Sie traten hinter dem Beschuldigten in das Dienstzimmer des Untersuchungsrichters. Ein Posten der republikanischen Wache löste die drei Polizeiinspektoren ab.

Herschel erklärte dem Untersuchungsrichter sofort, er habe weder aus Haß noch aus Rache gehandelt, sondern aus Liebe zu seinen Eltern und zu seinem Volke. Er bedauere zutiefst, einen Menschen verwundet zu haben.

Durch diese Erklärung lenkte er wieder ab von der Frage: Hatte er überhaupt geschossen? Hatte er vom Rath verwundet?' Es existiert keine Zeugenaussage, die das Zufügen von Schußverletzungen in zuverlässiger und überzeugender Weise bestätigt!

Obwohl der objektive Tatbestand völlig entstellt worden war, "konzentrierte sich die fast neunmonatige Tätigkeit des französischen Untersuchungsrichters Tesnière fast ausschließlich auf die Persönlichkeit des Täters und sein Motiv" (Kaul).

Verdächtig: Vom Raths "vorbildliche Ruhe und Selbstbeherrschung"

Sehen wir einmal von der von Walder als unerläßlich bezeichneten "beweisformalistischen Säuberung des Ausgangsmaterials" ab. Was besagt die formlos und unverbindlich gemachte Angabe

des Amtsgehilfen Nagorka? Er soll Grynszpan am Vormittage des 7. November zum Dienstzimmer des Legationssekretärs geführt haben. Die von dem Besucher behaupteten fünf Schüsse hatte Nagorka aber nicht gehört. Was er (laut Bericht des Botschafters) gehört hatte, waren "Hilferufe", laut den von Kaul ausgewerteten Akten: Schreie und Hilferufe.

Nach Nagorkas Angaben kam vom Rath zusammengekrümmt aus seinem Dienstzimmer gelaufen und rief im Flur dem herbeieilenden Amtsgehilfen zu "Ich bin angeschossen worden".

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Das Zusammenkrümmen kann vom Rath gemimt haben. Schreie und Hilferufe kann auch ein Unverletzter ausstoßen. Wenn es die NS Staatsräson gebot und der große "Führer" dazu den Geheimbefehl erteilte, mußte ein gehorsamer Beamter und PG wie Dr. vom Rath schreien, um Hilfe rufen und einen sich krümmenden Schußverletzten spielen. Ferner sich Blutpaste an zwei Stellen anschmieren und vom Vertrauensarzt der Botschaft in die Klinik einliefern lassen nach der Methode Dr. Goebbels. Soll man sich dann noch wundern, daß Parteigenosse Dr. vom Rath im weiteren Verlauf "seine Schmerzen mit größter Standhaftigkeit ertrug" und "in keinem Augenblick seine vorbildliche Ruhe und Selbstbeherrschung verlor? War es Zufall, daß Graf Welczeck in seinem amtlichen Bericht an das Auswärtige Amt verschwieg, daß er vor der "Tat" dem jungen Grynszpan vor dem Botschaftsgebäude begegnet war und mit ihm gesprochen hatte? "Der Botschafter dürfte in seinem offiziellen Bericht wenig Veranlassung gehabt haben, auf sein vorangegangenes Zusammentreffen ... hinzuweisen", meint Falldarsteller Heiber. Weshalb wohl? War ihm an der Wahrheitsfindung durch Strengbeweisaufnahme nicht gelegen? Hatte er sich selbst. von der Schußverletzung seines Legationssekretärs überzeugt? Im Bericht steht nichts davon. Auf strafprozessual einwandfreie Wahrheitsfindung war er nicht bedacht: "Cela n'est pas bien catholique"(Da stimmt etwas nicht).

Wie, groß waren Wahrheitsliebe und Rechtschaffenheit der NS Amtsträger?

Die Wahrheitsliebe und Rechtschaffenheit der NS Amtsträger können wir als sehr gering ansetzen. Vor moralischen Skrupeln und vor Verbrechen schreckten Hitler und seine Komplizen nicht zurück. Vergessen wir eins nicht: Etwa zehn Monate nach dem angeblichen Revolverattentat in der Deutschen Botschaft in Paris ließ Hitler durch Himmler, Heydrich und Gestapo Chef Müller

das Unternehmen "Tannenberg" durchführen: die Vortäuschung eines polnischen Überfalls auf einen deutschen Sender. Zu diesem Zwecke holte die Gestapo einen Oberschlesier ab. Er stand in dem Ruf, mit den Polen zu sympathisieren. Dieser Mann wurde durch Spritzen bewußtlos gemacht, erschossen und als "Terrorist" am Sender Gleiwitz nach Fingieren eines Überfalls zurückgelassen. Zur Verschleierung der Vorspiegelung wurden dann im Bezirk Vernehmungen durchgeführt und verschiedene Leute beschuldigt. Dieser Mord von Staats wegen auf Führerbefehl war kein Einzelfall: Bei Fingieren "polnischer Grenzüberfälle" an der oberschlesischen Grenze arbeitete die Gestapo mit "Leichenkonserven". Insassen eines Konzentrationslagers ließ sie aus dem Lager kommen", in polnische Militäruniformen stecken zusammen mit polnischen Abzeichen, Ausweisen und anderen Papieren. Die so verkleideten KZ Häftlinge wurden durch Spritzen bewußtlos gemacht und zur Vorspiegelung eines "polnischen" Angriffs auf Hochlinden erschossen am "Tatort" niedergelegt. Gestapo Beamte (machten) Aufnahmen davon zum Zwecke der Beweisverfälschung.

Der genaue Ablauf der Vortäuschungsaktionen, die Hitler den Vorwand und Anlaß lieferten zu seinem Angriffskrieg gegen Polen am 1. September 1939, wurde erst im Jahre 1962 durch einen Artikel in den Vierteljahresheften für Zeitgeschichte und insbesondere durch die Veröffentlichungen der Autoren Alfred Spieß und Heiner Lichtensteiner ("Unternehmen Tannenberg. Der Anlaß zum Zweiten Weltkrieg") der Öffentlichkeit bekannt. Die Skrupellosigkeit der Machthaber des NS Regimes enthüllte Hitler selbst in einer Rede vor seinen Militärs: "Ich werde propagandistischen Anlaß zur Auslösung des Krieges geben, gleichgültig ob glaubhaft. Der Sieger wird später nicht danach gefragt, ob er die Wahrheit gesagt hat oder nicht. Bei Beginn und Führung des Krieges kommt es nicht auf das Recht, sondern auf den Sieg an. Kein Mitleid. Brutales Vorgehen."

Diese Worte aus der Ansprache Adolf Hitlers am 22. August 1939 spiegeln eine Gesinnung, wie sie auch für den Vernichtungskrieg gegen die Juden galt: Vom Rufmord führte der Weg hin zum Mord und Massenmord.

Vorher schon, am 27. August 1937,hatte Hitler vor Reichsleitern der NSDAP erklärt: Das Endziel unserer ganzen Politik ist uns ja allen klar: Es handelt sich bei mir immer nur darum, keinen Schritt zu tun, der uns schadet ... Ich will ja nicht gleich einen Gegner mit ' Gewalt zum Kampf fordern, ich sage nicht 'Kampf',, weil ich kämpfen will, sondern ich sage: Ich will dich vernichten! Und jetzt, Klugheit, hilf mir, dich (Gegner') so in die Ecke hineinzumanövrieren, daß du zu keinem Stoß mehr kommst, und dann kriegst du den Stoß ins Herz hinein."

Durch Einsatz eingeschüchterter und gepreßter Lockspitzel und durch Vortäuschen von Mordanschlägen auf Repräsentanten des NS Regimes suchte Hitler mit Hilfe seiner juristischen und kriminalstischen Ratgeber die zum Weltfeind erklärte Minderheit der Juden in eben jene Ecke hineinzumanövrieren. Dieses Manöver ermöglichte der vom NS Propagandaleiter Dr. Goebbels gelenkten Presse zu erklären:

"Die Akte der Vergeltung gegen en das Judentum in Deutschland nach Bekanntwerden des Todes, den der deutsche Gesandtschaftsrat 1. Klasse vom Rath in Paris durch die Meuchelkugel des Judenbengels Grünspan erlitt, sind Ausfluß jener Empörung, die jedes deutsche Herz durchzittert. Das Weltjudentum hat Deutschland den Krieg erklärt, der mit Mord und Tücke und mit Verhetzung von Nationen geführt wird.

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Was beweisen die ärztlichen Bulletins?

In dem im politischen Archiv des Auswärtigen Amtes in Bonn aufbewahrten Akten zu diesem Attentatsfall gibt es Bulletins ausgestellt von den Vertrauensärzten der NS Behörden und von Professor Baumgartner. Graf Welczeck sandte die ersten drei als Anlagen Nr. 1, 6 und 7 zusammen mit seinem zusammenfassenden Bericht unter dem Datum des 8. November 1938 nach Berlin.

Diese sogenannten Bulletins muß man sich genau ansehen. Es ergibt sich bei Prüfung aus dem ersten "Bulletin" nicht im geringsten, daß der in die Klinik eingelieferte, dort untersuchte und operierte Schußverletzte Herr vom Rath war!

Dem amtlichen Bericht des Botschafters Graf Welczeck zufolge soll der jugendliche Besucher Herschel Grynszpan vom Amtsdiener Nagorka zum Dienstzimmer des Herrn vom Rath geführt worden sein. Die Tür schloß sich hinter dem Amtsdiener, und dieser ging seinen Obliegenheiten nach, bis er laute Hilferufe aus der Richtung des Dienstzimmers des Herrn vom Rath hörte. Herr vom Rath soll dann im Flur dem herbeieilenden Nagorka zugerufen haben, er sei angeschossen worden. Der junge Besucher sei sogleich dem vor der Botschaft postierten französischem Polizeibeamten übergeben worden.

Und Herr vom Rath? "Im Beisein des sofort herbeigerufenen Vertrauensarztes der Botschaft Dr. Claass, schieb Graf Welczeck, sei "unverzüglich die Überführung des Herrn vom Rath in die Klinik de l'Alma, 166 Rue de l'Université, und die Hinzuziehung des bekannten französischen Chirurgen Professor Dr. Baumgartner veranlaßt worden.

Hatte dieser deutsche Vertrauensarzt Dr. Claass bereits Vorbereitungen in der Klinik getroffen?

Eine Röntgenaufnahme sei gemacht worden. Wer wurde geröntgt und von wem? War der Geröntgte Herr vom Rath? Oder ein ihm ähnelnder Mann, den man wie bei dem Unternehmen "Tannenberg" - bewußtlos gemacht, beschossen und unterschoben hatte?

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Noch im Verlaufe des Vormittags, so berichtete Graf Wolczeck, wurde in der Klinik eine Operation vorgenommen: "Im Verlaufe derselben wurde Herrn vom Rath die Milz entfernt und die an zwei Stellen durchschossene Magenwand genäht."

"Näheres", schrieb der Botschafter, ergebe sich "aus dem als Anlage 1 beigefügten Bulletin der Herren Dr. Claass und Dr. Baumgartner".

Die Herren Dr. Claass und Dr. Baumgartner sind jedoch nie im Sinne der anzuwendenden Strafprozeßordnung – weder der französischen noch der deutschen als Sachverständige zugezogen worden. Sie wurden auch später nie formstreng als Sachverständige oder sachverständige Zeugen zugezogen und nie zum behaupteten Sachverhalt vernommen! Das Bulletin dieser zwei

Vertrauensärzte der Botschaft ist strafprozessual kein zulässiges Beweismittel. Es muß ausgeschieden werden.

Hinzu kommt: Es geht mit keinem Wort daraus hervor, daß diese zwei Ärzte es je mit Herrn Ernst vom Rath zu tun hatten!

Das sogenannte "Bulletin" ist ein handgeschriebener Zettel. Benutzt wurde dabei ein Klinikvordruck der "Clinique de l'Alma, 166 RUE DE L'UNIVEESITE PARIS (VII)" datiert vom 7. November 1938. Der konstatierte Befund ist unterschrieben "Dr. Claass" und "Dr. Baumgartner". Aber um welchen Patienten es sich bei dem Befund handelt - wurde dadurch nicht bescheinigt. Es fehlt jeder Name, es fehlt jede Kennzeichnung des Patienten! Konstatiert wird bei einem Unbekannten und Ungenannten 1) eine klaffende Wunde in der oberen rechten Thoraxpartie (Brust) und ein Projektil in der rechten Schulter, 2) eine klaffende Wunde in der rechten Weiche mit einem Projektil vor dem X. Dorsal. Vermerkt wurde die operative Entfernung der Milz (Spleenotomie) und das Nähen der doppelten Durchbohrungen des Magens.

Daß also Ernst vom Rath verwundet, geröntgt und in der vermerkten Weise operiert wurde, wird durch dieses Bulletin mit keinem Wort nachgewiesen!

Den Beweiswert null haben auch die "Bulletins" der deutschen Vertrauensärzte, die Hitler in der Nacht vom 7. zum 8. November von Nürnberg (über Zwischenstation Köln) nach Paris fliegen ließ. Es waren dies der Leib und Begleitarzt des "Führers" Dr. Karl Brandt, SS Sturmbannführer, und der Münchener Professor der Chirurgie Dr. Georg Magnus.

Wie wenig Rechtsanwälte auf strafprozessuale Beweisformstrenge und rechtsmedizinische und kriminalistische Schlüssigkeitsprüfung eingehen, zeigt die nur von literarischem Geschick der Falldarstellung von Maître Henry Torrès, einem der Verteidiger des jungen Grynszpan: "Hitler entsandte durch Flugzeug seinen persönlichen Arzt, den Doktor Brandt, begleitet vom Professor Magnus, München, um den Verwundeten zu untersuchen und ihn zu informieren. Die zwei deutschen Praktiker sprachen der Wissenschaft und dem Einsatz Ihres französischen Kollegen ihre Anerkennung aus (hommage), aber jede Hoffnung, Von (sic!) Rath zu retten, war schon verloren, der trotz vier Bluttransfusionen zwei Tage nach dem Attentat seinen Verletzungen erlag; Vater und Mutter saßen an seinem Krankenbett. Er war neunundzwanzig Jahre alt."

Kannten diese zwei deutschen Vertrauensärzte persönlich den jungen Diplomaten Ernst vom Rath? Konnten sie ihn mit Sicherheit von einem ihm ähnelnden Manne sicher unterscheiden?

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Vernommen wurden diese beiden Vertrauensärzte Hitlers nicht. Sie wurden allerdings von ihrem "Führer" dekoriert für ihren Sondereinsatz, nachdem sie ihm stündlich per Telefon über den Fortgang der Ereignisse in der Klinik berichtet hatten.

Den damaligen Pressemeldungen zu entnehmen ist, daß auch Regierungsrat außer Dienst Gustav vom Rath am Dienstagvormittag, 8. November, in Paris eintraf und sich sofort "an das Krankenbett seines Sohnes" begab. Ähnliches wird von der Mutter des vermeintlichen Attentatsopfers am 9. November gemeldet.

Es hat sich bisher noch kein Falldarsteller für die Frage interessiert: Wie viele Betten standen dem Vertrauensarzt der NS Botschaft Dr. Claass in der Klinik zur Verfügung, um einen schußverletzten und operierten vom Rath genannten Patienten und/oder einen Schußverletzten mimenden vom Rath zu präsentieren? Dunkel ist gebreitet über die Vorgänge in der Klinik. In der Presseberichterstattung finden wir nichts darüber, ob die Eltern ihren im Krankenbett liegenden Sohn mit Sicherheit hatten erkennen können, ob er sich mit ihnen unterhalten hatte oder nicht. Wenn ja, wäre dies noch kein Beweis, daß er verletzt worden war.

Die untersuchungsrichterliche Vernehmung des Herrn Gustav vom Rath folgte in Paris erst zwei Monate später, am 7. Januar 1939! Listigerweise wurde dabei der französische Gerichtsdolmetscher durch Ablehnung ausgeschlossen. ohne daß die Gegenseite dies bemerkte und beanstandete, konnte der juristische Beauftragte der NS Regierung teilnehmen.

Zum objektiven Tatbestand des Zustands seines Sohnes in der Klinik wurde der alte Herr Gustav vom Rath nicht vernommen. Gehört wurde er lediglich zum seelischen Schaden (dommage moral), den die Familie erlitten hatte, und zu ihrer Haltung zum NS-Regime.

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Die "Bulletins" oder "Kommuniques" der Doktoren Magnus und Brandt vom 8. und 9. November 1938 sind keine zulässigen Beweismittel. Sie beweisen nichts. Völlig unbewiesen blieb, was zuletzt behauptet wurde:

"Paris, 9. November 1938. Gesandtschaftsrat I. Klasse Parteigenosse vom Rath ist seinen am 7. November erlittenen Verletzungen erlegen. Im Laufe des Vormittags trat eine weitere Verschlechterung seines Zustandes ein. Eine nochmalige Blutübertragung hatte nur vorübergehende Wirkung. Der Kreislauf reagierte auf Herzmittel ungenügend. Das Wundfieber blieb hoch. Gegen Mittag zeigte sich entscheidend der Einfluß der Magenverletzung in Verbindung mit dem Milzverlust. Der Kräfteverfall ließ sich nicht aufhalten, so daß um 16.30 Uhr der Tod eintrat. Der französische Chirurg Dr. Baumgartner hat nach kunstgerechter Operation auch die weitere Behandlung sorgfältig durchgeführt. Die Klinik de l'Alma stellte ihre guten Einrichtungen zur Verfügung, das pflegende Personal hat sich aufopfernd eingesetzt. Der trotzdem erfolgte Tod des Gesandtschaftsrats Erster Klasse vom Rath ist allein durch die Schwere der Schußverletzungen verursacht worden. Gez. Dr. Magnus Gez. Dr. Brandt.

Weder der französische Chirurg noch die beiden deutschen Vertrauensärzte Hitlers haben diese Behauptungen je vor einem Richter bestätigt. Halten wir fest: Verletzung, Operation und Tod Ernst vom Raths werden durch diese Bulletins nicht nachgewiesen.

Für die Richtigkeit der Behauptung dieses Todes spricht nichts: Richter, Staatsanwalt, Strafverteidiger, Journalisten, Kollegen bekamen den Toten nicht zu Gesicht. Aktenauswerter Kaul verweist lediglich auf den NS Pamphletisten Diewerge. Eine fotografische Aufnahme "Gesandtschaftsrat Ernst vom Rath auf dem Totenbett" wurde im Sommer 1939 in Diewerges "Gelbbuch" veröffentlicht. Das Bild ist nicht gerichtsverwertbar: Es ist unmöglich, auszumachen, ob da Ernst vom Rath liegt lebend oder tot oder ein anderer Mann.

Die fragwürdige Erkenntsnis des Schnellobduzenten Dr. Charles Paul

Von der Notwendigkeit, die Schlüssigkeit der Ergebnisse einer Obduktion (Leichenöffnung) zu prüfen, scheint keiner der Falldarsteller gehört zu haben. Die juristischen Falldarsteller erwähnen den Obduzenten gar nicht.

Die Historikerin Thalmann begnügt sich mit folgender Erzählung: "Kurz vor zwölf gibt Professor Baumgartner jegliche Hoffnung auf, Ernst vom Rath zu retten."

Dazu kritisch: Professor Baumgartner kannte den Patienten vom Rath nicht. Verließ er sich hinsichtlich der Person auf die Angaben seiner drei deutschen Kollegen? Waren diese Kollegen wahrheitsliebend und glaubwürdig in dieser politischen Affaire? Für die Richtigkeit ihrer Behauptung hinsichtlich der Person des Verletzten und Operierten brauchten sie strafprozessual keine Verantwortung zu übernehmen.

"Auf den Einwand, ein so junger Mann könne doch durchkommen, erwiderte der Chirurg, er sei pessimistisch wegen der dreifachen Verletzung. Drei Stunden später trat das Koma ein. Am Spätnachmittag veröffentlichte die Botschaft folgendes Kommuniqué: 'Herr vom Rath, der vom Führer zum Gesandtschaftsrat ernannt wurde, ist gegen 16.30 Uhr an den Folgen des gegen ihn am 7. November verübten Anschlags gestorben."'

Dazu kritisch: Das am Spätnachmittag veröffentlichte Kommuniqué der Botschaft ist kein Beweismittel im Sinne der Strafprozeßordnung. Ernst vom Rath soll Opfer eines Revolverattentats geworden sein? Wo sind die Beweise? Beweispflichtig sind diejenigen, die die Behauptung aufstellen und sie aufrechterhalten.

Falldarstellerin Thalmann erzählt sodann: "Eine halbe Stunde später geht Dr. Paul in seiner Eigenschaft als Gerichtsarzt des Departement der Seine in die Klinik, um die Leiche zu obduzieren. Um 22.30 Uhr wird der Sarg auf einen Leichenwagen getragen; etwa 200 Angehörige der deutschen Kolonie, angeführt von Botschafter von Welczeck und den von Hitler gesandten Ärzten, geben ihm das letzte Geleit. Erst drei Tage später findet ein Trauergottesdienst statt in der deutsch lutherischen Kirche der Rue Blanche.

Dazu kritisch: Vor der Obduktion ist jede Leiche in nachprüfbarer und einwandfreier Weise (mit Protokollierung) unter richterlicher und/oder staatsanwaltlicher Kontrolle und Leitung zu identifizieren. Der Erkennungsdienst, in Frankreich der "Service d'identité judiciaire", hat erkennungsdienstliche Unterlagen zu erstellen (Fingerabdruck und Fingerabdruckverlgeichsmaterial, gerichtsverwertbare fotografische Aufnahmen und dergleichen). Der Obduzent hat seinerseits die Merkmale der Leiche zu beschreiben und die Körpermerkmale festzustellen (Körpermaße, Gewichte, Gebißstatus, Augen und Haarfarbe und viele. andere Daten). Die Strafverteidiger des Beschuldigten sind zuzuziehen, damit sie sich davon überzeugen können, daß keine Beweismittelverfälschung durch Unterschieben einer Fremdleiche vorliegt.

Nichts davon ist für die Obduktion nachgewiesen, die am Abend des 9. November 1938 durch den Dr. Paul vorgenommen wurde "im Beisein der Doktoren Brandt und Magnus", so laut Pressemitteilungen.

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Zu bedenken ist auch: Jede Leichenöffnung ist beweislos, wenn der Obduzent es unterläßt, mindestens Kopf , Brust und Bauchhöhle zu öffnen und gründlich zu untersuchen. Alle diese drei Körperhöhlen sind zu öffnen, auch wenn die Öffnung von einer ein klares Urteil über die Todesursache zu ergeben scheint. Der Schein kann trügen.

Außerdem ist eine schlüssige Vitalitäts Postmortalitäts-Differential Diagnose zu erstellen: Der Obduzent hat diejenigen Befundtatsachen aufzuführen, die dafür sprechen, daß die festgestellten Verletzungen zu Leibzeiten und nicht etwa nach Todeseintritt zugefügt wurden.

War Dr. Charles Paul dazu qualifiziert, gerichtsmedizi nisches Licht in das Dunkel zu bringen, das die Vorgänge in der Deutschen Botschaft und in der Klinik am Pont de l'Alma umgab?

Charles Paul, 1879 in Boulogne sur Mer geboren, hatte sich, obwohl er ein Schüler des Gerichtsmediziners Castiaux war, immer nur mit praktischen Arbeiten begnügt. Jürgen Thorwald beschreibt ihn in seinem Buche "Die Stunde der Detektive. Werden und Welten der Kriminalistik“ so:

"Anscheinend war Pauls Vorstellung vom Ansehen der Gerichtsmedizin durch seine Neigung als Bonvivant und Gesellschaftslöwe bestimmt. In der Jugend Radler , Tennis und Golfspieler, in den späteren Jahren rund wie eine Kugel mit rosiger Glatze, war er auch zwischen 60 und 80 Jahren noch so eitel, daß er sich bei Auftritten vor Gericht weigerte, sein Geburtsdatum zu nennen. Er erledigte jährlich zweitausend bis viertausend Autopsien mit der Routine eines Uhrwerks aber auch mit der oberflächlichen Sorglosigkeit des Bonvivants. Dafür konnte man sicher sein, daß er an jedem Tag und zu jeder Stunde schnellstens an einem Tatort oder in der Morgue (dem Leichenschauhaus) erschien. Das war ein Teil seines Ruhms und seiner Eitelkeit."

Im Jahre 1960 meldeten die Pariser Zeitungen, der Gerichtsarzt Dr. Charles Paul sei gestorben. Darauf hin veröffentlichte Rechtsanwalt Maurice Gargon, einer der Anwälte, den der Beauftragte der NS Regierung und der Familie vom Rath als Zivilklagepartei in der Strafsache gegen Grynszpan zugezogen hatte, einen Nachruf in der Pariser Zeitung LE MONDE mit dem Titel "Mort du Docteur Paul".

Garcon rühmte das rastlose Arbeitsleben dieses Gerichtsarztes: Er habe insgesamt 200.000 Leichenöffnungen vorgenommen!

Diese Zahl mag zutreffen oder nicht. Jedenfalls hatte Dr. Charles Paul in der Millionenstadt Paris eine Rekordzahl an Autopsien erreicht dank seiner rasanten Schnelligkeit und Oberflächlichkeit.

Diese Tatsache wird den juristischen und kriminalpolizeilichen Beratern und Fachleuten Hitlers bekannt gewesen sein. Die Geheimmethode des Vortäuschens von Todesfällen durch Einsatz von Lockspitzeln und durch Leichenunterschiebung war ihnen bekannt. Es wird ihnen deshalb auch nicht verborgen geblieben sein, daß der Schnellobduzent Dr. Paul schon mehrfach Opfer gezielter Irreführungen geworden war, so zum Beispiel in der Ära von Gaston Edmond Bayle, dem damaligen Direktor des "Service de l'Identité judiciaire" in der Affaire Teissier. In einem Kellerverschlag Nr. 13 war eine verweste männliche Leiche gefunden worden, angeblich die des Bürodieners Bouday. Teissier legte ein Geständnis ab und wurde am 13. Dezember 1925 "offiziell" vom Schwurgericht zu zehn Jahren Zuchthaus wegen Mordes verurteilt. Er bewahrte aber die ganze Zeit hindurch seine Ruhe und sein Lächeln.

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Dr. Charles Paul also war es, der sich am Abend des 9. November 1938 in der Klinik in der Rue del'Univesité zur Obduktion der Leiche des Herrn vom Rath einfand. Daß es die Leiche des Herrn vom Rath war, setzte er selbstverständlich voraus. Es ist anzunehmen, daß er sehr angetan davon war, daß ihm zwei deutsche Kollegen assistierten, der eine, Dr. Karl Brandt, der Leibarzt des berühmten "Führers und Reichskanzlers Adolf Hitler", eines Mannes, den ein amerikanisches Nachrichtenmagazin zum "Manne des Jahres" erkoren hatte. Der andere Kollege war der Münchener Chirurgie Professor Dr. Georg Magnus. Gerichtsarzt Dr. Paul lieferte, was gewünscht wurde: einen Schein gerichtsärztlicher Bestätigung des Todes eines Mannes, zu dessen Identifizierung Dr. Paul, so weit bekannt, nichts beigetragen hatte.

Vor der Klinik hatten sich schon etwa 200 Getreue der deutschen Kolonie unter Führung des Botschafters und des Leiters der Auslandsorganisation der NSDAP versammelt, um die "sterblichen Überreste des neuen Blutzeugen11 feierlich abzuholen. Was aber bekamen diese Trauernden zu sehen? Einen mit Hakenkreuzfahnen bedeckten, zugeschraubten Sarg!

Den Journalisten erklärte Dr. Paul beim Verlassen der Klinik: "Herr vom Rath ist von zwei Revolverkugeln des Kalibers 6,5 mm getroffen worden."

Dazu kritisch: Es fehlt der Nachweis, daß der von Dr. Paul untersuchte Tote Ernst vom Rath war. Das Trommelrevolver, das sich der jungen Herschel Grynszpan gekauft hatte, war vom Kaliber 6,35 mm und enthielt laut Feststellung des Polizeikommissars am Tatort noch fünf Patronen! Wie konnte der Gerichtsarzt zu der Erkenntnis gelangen, Herr vom Rath sei von zwei Revolverkugeln getroffen worden?

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"Die erste Kugel ist in die Brust an der rechten Schulter eingedrungen. Diese Verletzung hat den Tod des deutschen Gesandtschaftsrats nicht hervorgerufen."

Schnellobduzent Dr. Paul blieb aber den Beweis schuldig, daß der deutsche Gesandtschaftsrat verletzt worden war. Ohne Identifizierung des untersuchten Toten war die Feststellung des Gerichtsarztes ohne jeden Beweiswert. Außerdem muß man sich fragen: Welchen Befundtatsachen entnahm Dr. Paul die Meinung, "die erste Kugel" sei in die Brust eingedrungen?

"Die zweite Kugel ist in die linke Weiche eingedrungen und hat die Milz, den Brustkorb, die Bauchspeicheldrüse und das Zwerchfell durchschlagen. Diese Verletzung ist es, die den Tod hervorgerufen hat."

Ohne eine schlüssige Vitalitäts Postmortalitäts Differentialdiagnose ist es keinem Gerichtsmediziner möglich, von vornherein zu behaupten, daß "diese Verletzung den Tod hervorgerufen hat". Prinzipiell kann nie ausgeschlossen werden, daß eine Leiche unterschoben und beschossen wurde in einer Weise, die bei Lebenden den Tod herbeiführen muß. "In den ersten Stunden nach dem Tod(besonders bei plötzlichem Tod) ist das Blut gerinnungsfähig wenigstens teilweise. Postmortale Traumen (= Verwundungen) bewirken daher oft vital imponierende Blutungen!" Nach Professor Prokop muß sich bei dem Verdacht des Vorliegens schußverletzter Leichen der Gerichtsarzt als erstes die Frage vorlegen.

"Vital oder postmortal?"

Welche Befundtatsachen sprachen für das Vorliegen vitaler Schußverletzungen? Dr. Paul erwähnte keine.

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Wie steht es mit dem Sachbeweis?

"Seeing is believing." Hauptbeweismittel für vollendeten Mord an einer bestimmten Person ist die Leiche des Mordopfers.

Die Leiche des angeblichen Mordopfers vom Rath haben die Strafverteidiger des Beschuldigten Grynszpan nicht zu sehen bekommen. Sie haben auf diese Unterlassung nicht geachtet.

Aus den hier erwähnten Falldarstellungen geht nicht hervor, daß die französischen oder die deutschen Kriminalbeamten je den schußverletzte Toten zu Gesicht bekommen haben. Die Parallele zu einem anderen weltberühmten Kriminalfall wird hier deutlich, zum Attentatsfall Sarajevo 1914. Am 9. November 1938 ist von einer Identifizierungs und Kontrolltätigkeit des Service d'identité judiciaire oder des Staatsanwaltes oder Untersuchungsrichters keine Rede. Hier lag eine Schwachstelle der französischen Strafprozeßordnung. Diese wurde auch im Jahre 1977 bei dem Leichenfund von Mulhouse ( Mülhausen im Elsaß) in der Kriminalaffaire Schleyer nach altem Geheimrezept zur Deliktvortäuschung ausgenützt. (Hierzu vergl. man Skriptum FS 78 des Verfassers.) Den von Kaul ausgewerteten Gerichtsaktenkopien zufolge waren im "Tatzimmer" in der Botschaft wohl Schußspuren an den Wänden. Doch solche Schußspuren können auch zum Fingieren eines Revolverattentats verursacht worden sein.

Daß der sofort nach der "Tat" verhaftete und dem Polizeibeamten übergebene junge Grynszpan Schmauchspuren an einer seiner Hände gehabt habe, wurde nicht berichtet. Das Vorhandensein

von fünf Patronen in der Trommel des Revolvers ohne Hülsenauswurfvorrichtung und das Nichtvorfinden von Patronenhülsen in dieser Trommel schlössen es aus, daß Grynszpan die Tatwaffe abgefeuert hatte!

Sachbeweis in Form von gerichtsverwertbaren fotografischen Aufnahmen, Röntgenaufnahmen, Fingerabdrücken und Vergleichsunterlagen oder eine Absicherung durch Gebiß oder andere Körpermerkmale des Operierten und obduzierten Patienten der Klinik fehlen.

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Ablenkungsmanöver und deutsch französische Kollaboration

Zum Vortäuschen von Mordanschlägen werden nach altem Geheimrezept Taschenspielerkniffe angewandt.

Wer etwas vorgaukeln will, sucht vor allem jedermanns Aufmerksamkeit vom Wesentlichen abzulenken.

Abzulenken suchten 1938 die staatlichen Deliktvortäuscher von der Frage: War vom Rath am 7. November 1938 durch Schüsse aus dem von Grynszpan gekauften Trommelrevolver verwundet worden?

Das Erteilen des Ratschlages des Goethischen Mephistopheles

"Im ganzen haltet euch an Worte .....! ist ein teuflischer Trick: Worte können nach Geheimplan eingeblasene Lügen sein. Durch das Aufwerfen von Fragen nach dem Tatmotiv und den Hintergründen gelang es, von der Frage abzulenken: Was genau hatte sich im Dienstzimmer de s Herrn vom Rath ereignet?

Kaum war Herschel dem französischen Polizeibeamten Francois Collet Autret übergeben worden mit der Bezichtigung und Selbstbezichtigung, der Jüngling habe soeben ein Revolverattentat auf einen Legationssekretär begangen, hatte Botschafter Graf Welczeck nichts Eiligeres. zu tun, als (wie er in seinem Bericht vom 8. November schreibt) einen der Beamten der Botschaft die Protokoll Abteilung des Quai d'Orsay (des französischen Außenministeriums) von dem Attentat mit dem Ersuchen zu verständigen, die Ermittlungen sofort und energisch aufnehmen zu lassen und zu einem gegebenen. Zeitpunkt bei der Vernehmung auch einen Vertreter der Botschaft hinzuzuziehen. Der zuständige Beamte der Protokoll Abteilung erklärte nach Rückfrage in der Rechtsabteilung, daß Letzteres auf Grund der französischen Prozeßordnung nicht zulässig sei."

Die von der Rechtsabteilung des Quai d'Orsay erteilte Rechtsbelehrung traf zu. Sie, war unmißverständlich. Übergangen wurde die Tatsache: Die Botschaft war exterritoriales, also deutsches Reichsgebiet!

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Das hinderte jedoch Botschafter Graf Welczeck nicht, sogleich einen seiner Beamten des mittleren Dienstes, den "Kanzler" Lorz, in das französische Polizeikommissariat zu entsenden mit dem Auftrag, "wenn möglich" der Vernehmung des verhafteten Tatverdächtigen beizuwohnen "und der französischen Polizei bei deren Erhebungen auch im Botschaftsgebäude an die Hand zu gehen".

Der "Kanzler" ging der französischen Polizei in der Tat sehr energisch und zielbewußt an die Hand. Er erschien schon um 10 Uhr im Polizeikommissariat in der Rue de Bourgogne, "um über die dort eingelieferte Person ... sowie über deren Beweggründe zur Tat Näheres in Erfahrung zu bringen".

Die Richtigkeit der Behauptung, es habe ein Revolverattentat stattgefunden, wurde von ihm ungeprüft und dreist vorausgesetzt.

Entgegen allen einschlägigen Bestimmungen der Prozeßordnung gestattete der Polizeikommissar, dem Außenstehenden eine Befragung des verhafteten Grynszpan. Der "17-jährige Jüngling von kleinem Wuchs mit blassem Gesicht" wurde, bevor noch eine Einvernahme durch die französische Polizei stattgefunden hatte, gesetzwidrig von einem Dritten über seine Motive befragt.

"Daß Grynszpan durch die Tat die Juden habe rächen wollen, blieb der Kernpunkt des ganzen Verfahrens", schrieb Grimm. Dieser Kern enthielt eine Tatbestandsverfälschung.

Der aufgeregte Jüngling behauptete(laut Aufzeichnungen des "Kanzlers" Lorz), er habe den schmutzigen Boches (Deutschen) "für die ganze Welt Rache nehmen wollen". Er erklärte auf die zweite Frage, er sei Jude und habe selbst Justiz üben wollen für das seinen Eltern und Geschwistern angetane Unrecht. Und mehr noch: Er erklärte prompt, sein "Opfer" habe er nicht gekannt. Es sei ihm darauf angekommen, einen der Sekretäre zu erschießen, ganz gleich, wen. Diese Äußerung lieferte Wasser auf die Mühle der Goebbels'schen Rufmordpropaganda.

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Polizeikommissar Monnorot erwies sich gegenüber dem Beamten der Deutschen Botschaft so servil, daß er diesem entgegen allen Vorschriften sogar gestattete, den Reisepass von Grynszpan zu kontrollieren. Der Paß war keineswegs gefälscht, wie Dr. Goebbels einige Tage später in seinem Artikel "Der Fall Grünspan" im "Völkischen Beobachter" behauptete.

Lorz vermerkte in seinen "Aufzeichnungen" am Schluß: "Nachdem der Täter wieder abgeführt worden war, äußerte sich der Kommissar mir gegenüber dahin, daß es sich bei dem Täter um einen Verrückten handele. Ich widersprach dieser Auffassung und wies auf die sachlichen und klaren, wenn auch etwas aufgeregt gemachten Angaben des Täters hin, die außer Zweifel stellten, daß Grynszpan die Tat planmäßig und mit voller Überzeugung ausgeführt habe. Nach alledem hätte man es meines Erachtens ... mit einem 'fanatischen Juden' zu tun."

Die "Tat" war aber polizeilich noch gar nicht geklärt. Sie wurde behauptet, beruhte auf Bezichtigungen und Selbstbezichtigung des Verhafteten. Die französische Polizei hatte das Tatopfer nicht in Augenschein genommen und nahm es nie in Augenschein. Bei der wenig später vorgenommenen Tatortbesichtigung erwies sich die Tatwaffe , wie schür erwähnt, als geladen.

Lorz kehrte zur Botschaft zurück. Das Botschaftspersonal hatte nun alle Informationen illegal erlangt, die sie brauchte, um den eiligst herbeitelefonierten Vertretern der französischen Presse die Falschnachricht von dem "feigen Meuchelmord eines fanatischen jungen Juden" an einem deutschen Diplomaten mitzuteilen. Ministerpräsident Daladier konnte (so der Bericht des Grafen Welczeck) noch "im Verlaufe des Vormittags" telefonisch "im eigenen Namen und im Namen der französischen Regierung seine wärmste Anteilnahme zu dem Attentat ausdrücken" zu einem Attentat, das kriminalpolizeilich nicht entsprechend den Bestimmungen der Strafprozeßordnung aufgeklärt war und nie entsprechend den Bestimmungen aufgeklärt wurde!

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Auch Ministerpräsident Daladier stellte, wie Graf Welczeck zu berichten wußte, "insbesondere die Frage, ob es sich bei dem Attentäter um einen Verrückten handelte". Diese Frage verneinte der NS Botschafter auf das entschiedenste und meinte, es handele sich wohl "um einen durch eine wohlbekannte Propaganda aufgehetzten Fanatiker".

Die "wohlbekannte Propaganda" war die vor dem NS Regime warnende Nachrichtenpropaganda.

Mit Befriedigung meldet das Deutsche Nachrichtenbüro aus Paris im November 1938 "Frankreichs Regierung schützt ausländische Staatschefs: Das amtliche Gesetzblatt vom Dienstag, 15. 11., veröffentlicht zwei das Außenministerium betreffende Notverordnungen. Die erste gibt die Handhabe, die Öffentlichkeit von einer Gerichtsverhandlung auszuschließen, die geeignet ist, internationale Rückwirkungen zu haben. Die zweite Verordnung erlaubt dem Außenminister, gerichtliche Verfolgung zu verfügen im Falle von Beleidigung eines ausländischen Staatschefs durch die Presse."

Den französischen Außenminister Georges Bonnet hatte Botschafter Graf Welczeck am 7. November 1938 unmittelbar nach dem Vorfall aufgesucht angeblich "aus einem anderen Anlaß".

Dieser Version widerspricht indessen Georges Bonnet in seinem 1948 veröffentlichten Buch: Botschafter Graf Welczecks sei ganz außer Fassung im Quai d'Orsay erschienen mit der Schreckensnachricht, soeben habe sich in seiner Botschaft in der Rue de Lille "ein Drama abgespielt", dem er selbst beinahe zum Opfer gefallen sei, als er früh morgens ausging"!

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Befremdlich ist und für ein gemeinsames Komplott spricht folgende, Tatsache: Das französische Außenministerium und das Ribbentrop'sche Auswärtige Amt führten keinerlei Korrespondenz über das, was normalerweise Gegenstand von Erörterungen hätte sein müssen: Über die Frage der Zuständigkeit für die polizeiliche und gerichtliche Untersuchung des Falles und die Strafverfolgung eines angeblichen Kapitalverbrechers, der polnischer Staatsangehöriger war und diese Tat in der exterritorialen Botschaft begangen haben sollte, also auf deutschem Gebiet!

Im Rückblick schrieb Georges Bonnet 1948: "Zwei Tage später starb Herr vom Rath". Aber er erwähnte dabei nicht, daß entgegen den einschlägigen Bestimmungen der französischen Strafprozeßordnung der Untersuchungsrichter den angeblich schußverletzten vom Rath weder vernommen noch in Augenschein genommen hatte. Bonnets nächste Feststellung war: "Aber die Tatsache, daß das Attentat in der Deutschen Botschaft begangen worden war, entband die französische Regierung von der Verantwortung."

Wenn jedoch die französische Regierung "die Verantwortung" für dieses angebliche Attentat nicht hatte, weshalb übernahm sie dann die Strafverfolgung gegen den angeblichen Attentäter?

Bonnet schied im September 1940 kurz nach der französischen Kriegserklärung an Deutschland aus dem Amte des Außenministers aus. Er übernahm dann das Justizressort. Mit dem Prozeß gegen Grynszpan wurde er von Amts wegen befaßt: Ein Schweizer Rechtsanwalt Guinand trat auf in Untervollmacht des Rechtsvertreters der Zivilklagepartei. Grimm war damals Generalkonsul des Deutschen Reiches in Bern. Grynszpan blieb 20 Monate in französischer

Untersuchungshaft, ehe sich der Staatsanwalt zur Erhebung der Anklage entschließen konnte. Er erklärte Maitre Moro Giafferie vertraulich, es bestünden Hindernisse, den Prozeß zu eröffnen oder den Häftling freizulassen, Hindernisse, "deren Ursachen zu suchen ihm (dem Staatsanwalt) nicht zustehen".

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Grimm war bereits am 8. November 1938 vom Reichspropagandaminister Dr. Goebbels zum Rechtsvertreter der Reichsregierung in dieser Affaire beauftragt und nach Paris entsandt worden. "Ich habe an der Überführung des Toten von Paris nach Düsseldorf teilgenommen", schrieb Grimm in seinem Buche "Politische Justiz die Krankheit unserer Zeit". Für die entscheidungserhebliche Frage nach der Identität dieses Toten interessierte sich dieser NS Jurist und (als Vertreter der deutschen Anwälte) Abgeordneter des Reichstags nicht. Es kam Grimm nie in den Sinn, die Schlüssigkeit des erhobenen Beweises für die behauptete Mordtat nachzuprüfen. Er verließ sich auf Hörensagen und Meinungen: "Ich frühstückte im Abteil des Botschafters, des Grafen Welczeck, mit diesem und hatte bis Düsseldorf mindestens zwei Stunden Zeit, während derer wir uns in aller Ruhe aussprechen konnten .... Das Attentat in der Deutschen Botschaft sollte, so war die Auffassung des Botschafters, am Vorabend des Ribbentropbesuches das Zustandekommen dieses deutsch französischen Abkommens verhindern. Es hat auch den Ribbentropbesuch um einen Monat aufgeschoben und die Wirkung des Abkommens stark herabgesetzt. So war der Mord in der Deutschen Botschaft ein Schlag gegen die deutsch französische Verständigung.

Diese angebliche Auffassung war ganz und gar abwegig. Hitler, Ribbentrop und Goebbels suchten den angeblichen "Mord in der Botschaft" als ein "vom internationalen Weltjudentum inszeniertes Attentat" hinzustellen, "durch den die Friedenspolitik des Führers zum Scheitern gebracht werden sollte": Rachelüstige deutsche Emigranten und kriegshetzerische Finanzjuden hätten einen fanatischen Judenbengel aufgehetzt und bewaffnet.

Um einen NS Diplomaten zu ermorden, hätte aber der siebzehnjährige Grynszpan in Paris nicht in die Höhle des Löwen, nicht in die exterritoriale Botschaft, zu gehen brauchen. Dort riskierte er, festgesetzt, nach Deutschland gebracht, abgeurteilt und hingerichtet zu werden. Wenn es "das internationale Judentum" in der behaupteten organisierten Form gab, hätte dieses nicht einen im Schießen ungeübten Jugendlichen in derartig dilettantischer Weise in Tätigkeit gesetzt.

Den Juden als Schicksalsgemeinschaft konnte nichts daran liegen, durch einen politischen Mord Sympathien für sich zu wecken und dem NS Unrechtsregime in Deutschland einen Vorwand zu Repressalien zu liefern.

Falldarsteller Heiber schreibt hierzu zutreffend, Hitler hätte sich in der von ihm angestrebten Verständigung mit der Regierung Daladier Bonnet auch dann nicht im geringsten stören lassen, wenn "jüdische Drahtzieher" seine ganze Pariser Botschaft in die Luft gesprengt hätten samt seinem etwa dort gerade weilenden Außenminister Ribbentrop.

Ganz im Gegenteil. Die Verbreitung der Schreckensmeldung von einem durch einen ausländischen Juden begangenen "feigen Meuchelmord" an einem deutschen Diplomaten in Paris war 1938 Wasser auf die Mühle der deutsch französischen Kollaboration in der Periode nach Abschluß des Abkommens von München.

Die Goebbels'sche Propagandamaschine tönte: "Die Absicht des Mörders war, die gesamte deutsche Nation zu treffen, als er die tödlichen Schüsse feuerte". Die behaupteten "tödlichen Schüsse wurde benötigt als Vorwand für den lang geplanten Pogrom.

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Schnell hinein, schnell hinaus und Havas Meldung Nr. 13

Es gab 1938 in Paris einige Leute, die aufgrund schmerzlicher Erfahrungen Anlaß genug hatten, den Verdacht zu hegen, daß das Revolverattentat in der Deutschen Botschaft eine von den Machthabern des NS Regimes bestellte Arbeit war.

Eine erstaunliche Parallele zum Reichstagsbrand 1933 mußte vor allem den in die Illegalität getriebenen und nach Paris emigrierten deutschen Kommunisten und Sozialdemokraten auffallen.

1933 hatte Hitlers Regierung den Reichstagsbrand benutzt zur Begründung der gewaltsamen Unterdrückung ihrer kommunistischen und sozialdemokratischen Gegner. Es wurden zwar keinerlei Beweise gefunden für dafür, daß die deutschen Kommunisten mit der Brandstiftung etwas zu tun hatten oder diese als Fanal zu einem Aufstand ansahen. Der kommunistische Reichstagsabgeordnete Törgler stellte sich selbst der Polizei, als er von der Verdächtigung hörte. Aber die KPD blieb auch nach dem Freispruch der Angeklagten Törg ler, Dimitroff, Popoff und Taneff im Reich verboten, wie alle anderen politischen Parteien, außer der NSDAP.

Das von Louis Aragon geleitete Pariser Blatt "Ce Soir" veröffentlichte die auf den Pressebeirat des Goebbels'schen Ministeriums bei der Deutschen Botschaft zurückgehende Havas Meldung Nr. 13 vom 7. November 1938 noch am Abend desselben Tages in kritisch ironischer Weise: "Nach dem Anschlag heute morgen gegen Herrn vom Rath in der Deutschen Botschaft, Rue de Lille 78, hat der Presseattaché der Botschaft den Journalisten folgende Mitteilung gemacht: 'Unter den ersten Besuchern, die heute morgen die Botschaft betraten, befand sich ein junger Mann, beinahe ein Jüngling, der den Stellvertreter des Botschafters sprechen wollte, um ihm ein Dokument von größter Wichtigkeit zu übergeben. Er wurde zum jungen Botschaftsattaché vom Rath geführt, dem Neffen von Botschafter Koester, der lange das Dritte Reich in Frankreich vertrat."

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In dieser Darstellung war keine Rede von der behaupteten Meuchelmordtat eines fanatischen Juden und dessen Geständnis, er habe so gehandelt, "um seine Glaubensgenossen zu rächen, vor allem die kürzlich aus Deutschland ausgewiesenen polnischen Juden".

Botschafter Graf Welczeck, verägert über die Sondermeldung Nr. 13 der französischen Nachrichtenagentur Havas und noch mehr verärgert über den Kommentar des Blattes "Ce Soir", das er als getarntes Kommunistenblatt ansah, das den Versuch gemacht habe, "die Schuldfrage zu vernebeln und fälschlicherweise die obenerwähnte Erklärung des Täters über seine Motive dem Pressebeirat als dessen eigene Behauptung in den Mund legte", veranlaßte eine "Berichtigung" der Attentatsmeldung durch die Agentur Havas. Diese erfolgte auch noch am Abend des 7. November 1938.

Am Abend dieses 7. September gab auch die Botschaft ein Kommuniqué über das "Attentat" heraus. In diesem blieb freilich der Name der Klinik unerwähnt, in die der angeblich schwer schußverletzte Herr vom Rath gebracht worden sei.

Journalistische Nachforschungen in der Klinik selbst wurden dadurch erschwert.

Besonders pikiert zeigten sich die Beamten von Goebbels und Ribbentrop in Berlin und Paris über die Fragen, die in dem von Louis Aragon herausgebenen Blatte "Ce Soir" im Zusammenhang mit der Attentatsmeldung der Deutschen Botschaft gestellt worden waren:

"Woher kommt Herschel? Wer hat ihn vorgestoßen, (wer) bewaffnet? ... Die absurde und verbrecherische Tat Herschels dient sonderbar der Hitlerischen Politik."

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Provokation?

"Humanité", das Zentralorgan der französischen Kommunisten, überschrieb die Meldung über die "Schüsse in der Deutschen Botschaft" mit der Frage

"Provokation?"

"Schon jetzt erhebt sich die Frage: Handelt es sich nicht um eine scheußliche Provokation, die dazu bestimmt ist, in ,Deutschland eine ausgebreitete Verleumdungskampagne gegen Frankreich und in Frankreich selbst ... zu entfesseln?

Seit Hitler an der Macht ist, haben seine Dienststellen und seine Agenten uns sehr oft bewiesen, daß sie vor keiner Provokation, keinem Verbrechen für die Bedürfnisse ihrer gemeinschaftlichen Propaganda zurückschrecken.

Seit gestern abend haben mehrere Pariser Zeitungen nicht unterlassen, sich in ausländerfeindlichen und antisemitischen Auslassungen zu verbreiten.

Aber vor allem muß betont werden, mit welcher Eile die den Verdacht eines vorbereiteten Planes erweckt die Nazipresse das Drama ausbeutet, um sich eine unzulässige Einmischung in die innerfranzösische Politik zu erlauben.

Warum gibt sich die Hitler Presse solche Mühe, die Anwesenheit des jungen Grynszpan in der Botschaft zu erklären? Etwa darum, weil sie ungewöhnlich ist? Und wenn ja, warum hat der Mörder so leicht Einlaß in das Büro eines so wichtigen Beamten gefunden, wie Herr vom Rath war?"

War es nicht in der Tat ungewöhnlich, daß der junge Herschel Grynszpan so leicht und schnell zu einem Sachbearbeiter der Bot schaft vorgelassen worden war? Nicht höchst ungewöhnlich, daß er dort nicht festgehalten und vernommen wurde, sondern ohne diplomatische Rücksprachen sogleich einem einzelnen vor dem Gebäude der Botschaft Dienst tuenden Polizisten übergeben wurde?

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Mit dieser Frage hatte die Pariser Zeitung offenbar ins Schwarze getroffen. Denn der NS Pamphletist Diewerge und das Goebbels'sche Propagandaministerium gaben sich ungewöhnliche Mühe, darzutun und zu erklären, daß die Sicherheitsvorschriften und die Förmlichkeiten der Anmeldung für Besucher der Deutschen Botschaft in Paris zureichend gewesen seien.

Die Vorschriften lauteten: Von 9.30-13.30 Uhr und von 16.30 - 19.00 Uhr war das Botschaftsgebäude an Werktagen offen zu halten unter der Bedingung, daß die Pförtnerloge besetzt war zur Kontrolle des Publikumverkehrs.

Unbekannte Personen hatte der Pförtner (in dessen Abwesenheit die Pförtnersfrau) genau zu befragen, wen sie aufzusuchen beabsichtigten. Auf alle verdächtig erscheinende Personen hatte der Pförtner durch einen unauffälligen Anruf dem Amtsgehilfen hinzuweisen.

Die Amtsgehilfen der Botschaft waren angewiesen, jeden Fremden, der einen Sachbearbeiter sprechen wollte, einen Anmeldevordruck ausfüllen zu lassen: Name, Vorname, Staatsangehörigkeit, Zweck des Besuches waren zu notieren. Die Amtsgehilfen., hatten dann diesen ausgefüllten Vordruck dem Sachbearbeiter vorzulegen, während der Besucher in einem Wartezimmer Platz zu nehmen hatte! Jeder Sachbearbeiter war verpflichtet, den Anmeldevordruck zu prüfen und erforderlichenfalls weitere Angaben durch den Amtsgehilfen vom Besucher zu verlangen oder sogar das Vorlegen eines Ausweises!

"Die hier bestehende Kontrolle umfaßte alles, was nach Lage der Dinge zu einer Filtrierung, der Besucher und zum Schutze der Botschaftsmitglieder getan werden konnte", schrieb Diewerge.

Dabei aber verschwieg die NS Presse geflissentlich, was sich in den Akten des Goebbels'schen Ministeriums nachweisen läßt: Beim Vorsprechen des Jünglings Herschel Grynszpan war jede "Filtrierung" unterblieben durch eine Kette von Unterlassungshandlungen.

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NS Rufmord und Schaffung von "Märtyrern"

Die Schreckensmeldung vom Hinscheiden des angeblich meuchlerisch hingemordeten Ernst vom Rath paßte genau zu dem NS Toten und Märtyrerkult und Pogromterminplan: In Paris versammelten sich am Spätnachmittag des 9. November 1938 im prächtig geschmückten Großen Saal der Deutschen Botschaft das Dienstpersonal und Mitglieder der in Paris lebenden reichsdeutschen Nationalsozialisten zu einer Feier zum Gedenken der "Gefallenen vor der Feldherrenhalle". In München versammelten sich die "alten Kämpfer" und das Führerkorps der NS Partei und ihrer Formationen.

In Paris gedachten Botschafter Graf Welczeck und Landesgruppenleiter Dr. Ehrich mit pathetischen Worten zugleich auch des "neuen Blutzeugen11, des "von ruchloser jüdischer Hand" hingemordeten Parteigenossen vom Rath. Dr. Ehrich rief aus: "Wir haben das Gastrecht nie mißbraucht ... Nicht wir haben den Boden dieses Landes mit Blut befleckt, sondern die andern, die uns in den Augen des Gastlandes herabsetzen wollen."

Die behauptete Bluttat war auf dem Boden der exterritorialen Deutschen Botschaft inszeniert worden!

Graf Welczeck sagte in seiner Ansprache unter anderem: "Jeden von uns hätte die Kugel treffen können, er aber (vom Rath) hat das Opfer auf sich genommen. Wir, die wir im Ausland das Reich vertreten, sind die Soldaten des Führers, die außerhalb der Grenzen für das deutsche Volk und Reich kämpfen."

Durch Erheben von den Sitzen und mit dem "deutschen Gruß" gedachten die Anwesenden der 16 "Blutzeugen von der Feldherrenhalle" und "des neuen Märtyrers".

Übrigens fehlt für die Behauptung, beim historischen Marsch zur Münchener Feldherrenhalle 1923 seien 13 der Marschierer erschossen worden und 3 weitere von auswärts hinzugekommen, jeder strafprozessuale und gerichtsmedizinische Beweis!

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In dem großen Schau und Scheinprozeß vor dem Bayerischen Volksgerichtshof gegen Ludendorff, Hitler und Konsorten gingen die Staatsanwälte, Richter und Strafverteidiger ohne Prüfung der Schlüssigkeit des erhobenen Beweises für den behaupteten Tod dieser Marschierer zur Feldherrenhalle von bloßen Behauptungen aus: Auf die Identifizierung der Leichen der angeblich Gefallenen und auf die bündige Ermittlungen der Todesursachen durch eine Vitaltäts Postmortalitäts Differentialdiagnose wurde in dem am 1. April 1924 in München zu Ende gehenden Volksgerichtshofprozeß nicht geachtet. Die NS Bewegung und das nationale Deutschland hatte jedoch offiziell und gerichtsförmig ihre "Blutzeugen" erhalten. Hitler war durch diesen Prozeß und sein Auftreten in der Hauptverhandlung zum Helden der nationalen Wiedergeburt hochstilisiert worden. Die Akten der Voruntersuchung des legendären Bierkellerputsches und Marsches zur Feldherrenhalle vom November 1923 verschwanden in den Kellern des Reichswehrkommandos. Nach amtlicher Lesart sind sie verbrannt worden.

Ähnliches Dunkel herrscht um den legendären Tod des Berliner Studenten und SA Sturmführer Horst Wessel 1930. Auch damals unterblieb die Nachprüfung der dem NS Barden Horst Wessel zugeschriebenen Leiche. NS Gauleiter Dr. Goebbels erhielt Gelegenheit, den totgesagten Horst Wessel zum Heros und Märtyrer der SA zu machen. So konnten "Kameraden, die Rotfront und Reaktion erschossen" haben sollen, nicht nur "im Geist" sondern auch mit neuer Identität und verändertem Äußeren weitermarschieren.

Der Vorgang wiederholte sich am 9. November 1938 in Paris: Die Teilnehmer der NS Gedenkfeier marschierten von der Botschaft zur Klinik de l'Alma, "um die sterbliche Hülle" eines Toten abzuholen, über dessen Identifizierung nichts berichtet wurde. In Empfang genommen wurde ein zugeschraubter Sarg. Mitglieder der reichsdeutschen Kolonie entboten den "deutschen Gruß". Die französischen Polizeibeamten hingegen legten grüßend die Hände an ihre Mützen. Dem Leichenwagen folgten Botschafter Graf Welczeck, Gesandschaftsrat Dr. Ehrich, Hitlers zwei Vertrauensärzte, das Personal der Botschaft "und in langem Trauerzug die deutschen Volksgenossen".

Der zugeschraubte Sarg blieb zugeschraubt Er wurde in dem zur Kapelle ausgestalteten Saal der Botschaft auf gestellt. Die engeren Mitarbeiter des Totgesagten hielten dann die Totenwache neben dem aufgestellten Sarg! Mehr als den Sarg konnten die Pressefotografen nicht aufnehmen.

Wo Todesbeweise fehlen, darf mit Trauerbekundungen nicht gegeizt werden. Der "Führer" sandte folgendes Beileidstelegramm:

"Herrn und Frau vom Rath, zur Zeit Paris. Nehmen Sie zu dem schmerzlichen Verlust, den Sie durch den feigen Meuchelmord an Ihrem Sohn betroffen hat, meine aufrichtigste Teilnahme entgegen. Adolf Hitler.

Botschafter Graf Welczeck richtete einen Aufruf an die Deutschen in Frankreich:

"Unsere Empörung über dieses Verbrechen ist grenzenlos. Verachtung mischt sich hinein und Grauen über die Gemeinheit, zu der ein Mensch herabsinken kann. Wir vertrauen der französichen Justiz, wir vertrauen dem Gerechtigkeitsempfinden der französischen Volksseele, daß sie für den Mörder unseres Ernst vom Rath die Sühne finden werden, die der Größe des Verbrechens entspricht. Der Dahingegangene aber wird uns unvergeßlich vor Augen stehen als ein junger deutscher Mensch, den es gegeben war, auf dem Feld der Ehre für sein Vaterland zu fallen in einer Zeit, die von keiner Epoche der deutschen Geschichte übertroffen wird. In das Lebewohl, das ich ihm zurufe und mit dem, glaube ich, ich dem Empfinden aller Deutschen in Frankreich Ausdruck gebe, mischen sich Ehrfurcht und Bewunderung für diesen jungen Soldaten des Führers, der die Treue gegen ihn, gegen das Reich, gegen die Partei, an der Front der deutschen Diplomatie und des Auslandsdeutschtums mit seinem Blut besiegelt hat."

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Am Donnerstag, dem 10. November, wurde in der Deutschen Botschaft in Paris in Anwesenheit der Eltern von Raths eine "interne Trauerfeier11 abgehalten, die erste von vier Feiern! Graf Welczeck führte die Mutter zum Katafalk ...

Die deutsche Presse meldete an diesen Tage auch: "Jud Grünspan wird von drei Irrenärzten untersucht werden."

Eine separate Trauerfeier wurde "im Deutschen Haus" in Paris abgehalten und zu einer "ergreifenden Kundgebung" gestaltet. NS Landesgruppenleiter Dr. Ehrich rief bei seiner Abschiedsrede im Namen der Deutschen in Frankreich aus: "An der Bahre dieses neuen Märtyrers der Bewegung neigen wir uns in Ehrfurcht vor seinem großen Opfer, vor seiner Mutter und seinem Vater. Aber wir erheben das Haupt vor dem Führer, denn einer aus unseren Reihen ist eingegangen in die Standarte Horst Wessel. Wir tragen die Fahne weiter."

Die offizielle Trauerfeier war am Samstag, dem 12. November. Sie wurde in der Mittagsstunde in der deutschen evangelisch-lutherischen Kirche in der Rue Blanche in Paris abgehalten.

Vorher hatte schon eine geschickte Regie der Botschaft und der Auslandsorganisation der NSDAP in Frankreich etwas in Szene gesetzt: In Verbindung mit antisemitischen französischen Organisationen war dafür gesorgt worden, daß auch aus französischen Frontkämpfer und Arbeiterkreisen Beileidskundgebungen zum behaupteten Hinscheiden des Herrn vom Rath in der Deutschen Botschaft eingingen und gemeldet werden konnten:

Ein französischer Arbeiter legte ein schlichtes Veilchensträußchen nieder vor dem mit Hakenkreuzdienstflagge zugedecktem Sarg. Er erklärte: "Es gibt nicht nur marxistische Arbeiter in Frankreich."

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Eine unbekannte Blumenhändlerin ließ, so wurde gemeldet, durch einen. Kriegsversehrten einen Blumenstrauß abgeben. Der französische Kriegsversehrte fuhr im Rollstuhl in der Botschaft vor. Eine schwarzgekleidete französische Dame, Mutter eines jungen angeblich von Marxisten im Straßenkampf erschlagenen jungen Mannes, kniete vor dem Sarg nieder, betete unter Tränen und küßte das Hakenkreuzfahnentuch, das den Sarg bedeckte. Beim Weggehen erwies sie "spontan" den deutschen Gruß.

Andererseits konnte Oberregierungsrat Faber, Pressebeirat bei der Deutschen Botschaft in Paris, seinem Chef Dr. Goebbels eine Erfolgsmeldung machen: Durch französische Vertrauensleute waren in Paris und in der Provinz 3000 Großplakate angeschlagen und 50.000 Handzettel verteilt worden judenfeindlichen Inhalts.

Der Text lautete (in deutscher Übersetzung): "Achtung Franzosen! Frankreich ist nur noch eine Abfallgrube und ein Ghetto! Wir sehen überall auf der Straße nur Gesichter, die unserer Rasse fremd sind. Gehört Frankreich nicht mehr den Franzosen? Ausländer begehen auf unserem Boden die schlimmsten Attentate: Gorguloff ermordete den Präsidenten Doumer. Schwarzbart ermordete den Heiman Petlura. Kalemen ermordete König Alexander von Jugoslawien und Präsident Barthou. Grynszpan ermordet einen bei der Regierung akkreditierten Diplomaten. Werdet Ihr weiter zulassen, daß Ausländer und Juden die Chronik der Skandale, der Verhetzung, der Betrügereien der Bankrotts und der Morde fortsetzen? ... Wir wollen nicht mehr, daß Ausländer bei uns morden. Es ist genug. Frankreich erwache!

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Goebbels hatte seine Vertrauensleute und Helfer bei dieser arglistigen Verleumdungspropaganda in sogenannten "patriotischen" Vereinen wie "Le Réveil Francais", 54, Rue Saint Lazare, und "Le Faisceau Francais", Avenue de l'Opéra in Paris. Das Propagandamaterial wurde vom Goebbels'schen Ministerium in Berlin bezahlt; die Rechnungen und die Berichte über diese Hetzaktion sind erhalten.

Bei allen diesen behaupteten Mordanschlägen waren Lockspitzel (agents provocateurs, V Leute) eingesetzt und Fremdleichen unterschoben worden nach alten, gleichbleibenden Geheimrezept: Die Mordopfer erhielten eine neue Identität. Die "Täter" bezichtigten sich selbst und wurden der Strafverbüßung entzogen. Tatbestand und Beweismittel wurden verfälscht.

Trauergottesdienst in Paris

Um Trauergottesdienst für vom Rath am 12. November erschienen auch der französische Außenminister Georges Bonnet, der Kabinettschef des Ministerpräsidenten Daladier und ein Oberst als Vertreter des Präsidenten der Französischen Republik. Trauerreden hielten Pastor Dahlgrün und der Leiter der deutschen Trauerdelegation Staatssekretär Freiherr Ernst von Weizsäcker.

Von Weizsäcker, Vater des späteren Bundespräsidenten, vertraute dem französischen Außenminister an, er sei anläßlich dieser Reise nach Paris auch nach Mont Valérien gepilgert: "Dort ist mein Vater 1870 gefallen, und ich selbst bin in der Marneschlacht verwundet worden. Hoffentlich erleben wir nicht einen dritten Krieg zwischen unseren beiden Ländern!"

Am Ende seiner Trauerrede in der Pariser Kirche rief Staatssekretär Von Weizsäcker dem Toten zu: "Tritt an die Fahrt in die Heimat. Ganz Deutschland erwartet dich!"

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Es vergingen noch vier Tage, bis man "die sterblichen Überreste" des nicht identifizierten Toten feierlich zum Pariser Nordbahnhof überführte. Den Bahnhof hatte die französische Regierung würdig mit Trauerschmuck versehen. Eine Kompanie französischer Soldaten in Galauniform hatte Aufstellung genommen. Der von der französischen Regierung zur Verfügung gestellte Sonderzug mit dem mit zahlreichen Kränzen geschmückten Leichenwagen wurde von einem starken Polizeiaufgebot gesichert.

Eine halbe Stunde vor Mitternacht traf der Sarg, begleitet von einer Staffel motorisierter Pariser Polizei und den Privatwagen der Mitglieder der deutschen Trauerdelegation, vor dem Pariser Nordbahnhof ein. Kurz vor Mitternacht setzte sich der Sonderzug in Bewegung "und rollte ganz langsam in die dunkle Nacht hinaus", schreibt NS Pamphletist Diewerge.

Das Kriminalplanspiel "Mord in der Deutschen Botschaft" war also weit davon entfernt, "ein Schlag gegen die deutsch französische Verständigung" zu sein, wie NS Jurist Grimm behauptete. Ganz im Gegenteil.

Die Nacht lag noch in dichten Nebelschwaden über dem Land, als sich der Sonderzug dem Grenzbahnhof Aachen näherte. Dort warteten schon Vertreter des Auswärtigen Amtes, Abordnungen der NS Auslandsorganisation und aller NS Parteiformationen sowie eine Ehrenkompanie des Heeres. In Aachen und im ganzen Großdeutschen Reich war aus die sein Anlaß eine Staatstrauer mit Trauerbeflaggung angeordnet und durchgeführt. Der Zug hielt an. Der Leichenwagen stoppte. Aachens Gauleiter Grohé stand bereit zu einer Ansprache an den Toten: Deutschland grüßt dich, du Märtyrer deines Volkes! Heimaterde wird bald das decken, was dir sterblich war. Dein Geist aber wird ewig weiterleben ... Du fielst für den Führer und das Reich! Wir grüßen den Führer!"

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Weiter fuhr der Sonderzug in ganz langsamen Tempo. Einem französischen Journalisten, Ernest Dubois, war als einzigem Ausländer ermöglicht worden, in diesem Sonderzüge mitzureisen. Er berichtete, wie "der sterblichen Hülle des Herrn vom Rath königliche Ehren erwiesen wurden", wie überall "ernste und ausgestreckte Arme und Hände" den Zug grüßten: Hitler Jugend, Bund Deutscher Mädchen und Schuljugend bildeten längs der Balg, , strecke Aachen Köln Düsseldorf Spalier mit Fahnen und Fackeln, "um den Sohn der rheinischen Erde noch einmal zu grüßen". Auf allen Stationen, die der Zug durchfuhr, waren Musikkorps der NS Formationen, der Bergleute und der Feuerwehren aufgeboten und intonierten das Lied vom guten Kameraden. So gar auf dem freien Felde längs der Bahnstrecke und an den Bahnübergängen waren Menschen zu Tausenden zur Stelle, wenn nicht alle spontan, dann mit organisatorischer Nachhilfe.


Staatsakt in Düsseldorf und was dort vorher geschehen war

Der Vorplatz des Hauptbahnhofs von Düsseldorf war an diesem Bußtage des Jahres 1938 gefüllt von geschlossenen Verbänden der NSDAP und ihrer Gliederungen. Zwei wuchtige Pylonen, zwölf Meter hoch, schmückten den Bahnhofsvorplatz. Die Fassaden der großen Hotels und Gebäude prangten in schwarzer Drapierung. Die Empfangshalle des Bahnhofsgebäudes hatte man in einen grünen Lorbeerhain verwandelt. Rote Teppiche waren ausgelegt. Ein Ehrensturm des NSKK (Kraftfahrkorps) stand angetreten. Der Musik und Spielmannszug intonierte das Lied vom guten Kameraden, als um 9.51 Uhr der Sonderzug in den Hauptbahnhof einfuhr.

"Du bist nicht tot, Kamerad! Gleich den vielen, die in der Standarte Horst Wessel marschieren ... I"

Diese Worte des NS Gauleiters Florian waren wahrer, als die meisten Anwesenden wissen konnten. "Unter ihnen ist einer, den wir den ersten Soldaten des Dritten Reiches nennen ... Albert Leo Schlageter.

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Unter den Klängen des Horst Wessel Liedes ("Die Fahne hoch, die Reihen dicht geschlossen") hoben Träger den Sarg vom Katafalk und setzten ihn auf den Bahrenwagen. Dumpfer Trommelwirbel. Der Trauerzug begann. SA Musik und Spielmannszug folgten, dahinter mächtige Marschkolonnen von Fahnenträgern, Ehrenkompanien von Wehrmacht, SS Verfügungstruppen, Schutzpolizei und Reichsarbeitsdienst. Vor dem Sarge trug man den großen, schlichten Laubkranz Hitlers mit einem schwarz weiß rotem Band.

Unmittelbar hinter dem Sarg marschierten Gauleiter Florian. Oberpräsident Terboven, Herr Gustav vom Rath, Staatssekretär Freiherr von Weizsäcker, Botschafter Graf Welczeck und viele führende Männer von Partei, Staat und Wehrmacht.

Kurz vor 11 Uhr erreichte der Trauerzug Düsseldorfs Rheinlandhalle. Diese war mit zwölf silberfarbigen Pylonen geschmückt. Ihre Scheinwerfer warfen Lichtstrahlen zur Decke.

Langsam senkte sich der Sarg auf den dunkel drapierten Katafalk, der hoch ins Blickfeld gerückt stand. Auf einem Samtkissen lagen die Orden des Gesandtschaftsrats Erster Klasse vom Rath. Auf den Sarg hatte man vom Raths Mütze gelegt. Eine Ehrenwache zog auf bestehend aus einem SA Mann, einem SS Mann, einem Mitglied der Hitler Jugend und einem Angehörigen der NS Motorstandarte.

Im Laufe des Bußtagsvormittags defilierten Zehntausende von Düsseldorfern vorbei. Sie hoben den Arm zum letzten Gruß. Wußten sie, was einige Tage zuvor in der "Reichskristallnacht" die NS Rabauken in Düsseldorf begangen hatten?

Am Morgen des 10. November war Paul Marcus, Inhaber des Café-Restaurants Karena, dessen Lokal man zerstört hatte, mit Schußverletzungen am Martin Luther Platz aufgefunden worden. Die Leichen der ersten fünf Opfer der Düsseldorfer "Reichskristallnacht" waren am 15. November von der Polizei zur


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Beerdigung freigegeben worden. Nur dem Kantor der mosaischen Gemeinde war erlaubt worden, bei dieser Bestattung zugegen zu sein. Wegen dieses Mordverbrechens und wegen des Mordes an dem siebzigjährigen Düsseldorfer Stefan Goldmann wurde keinerlei gerichtliche Untersuchung eingeleitet. Die Frau des ermordeten Paul Marcus lag mit Bauchschußverletzungen im Städtischen Krankenhaus Düsseldorf. Es war ihr verboten, Besucher zu empfangen. Ehe sie Ende Januar 1939 in ein Kölner Krankenhaus verlegt wurde, erpreßte die Gestapo von ihr eine Erklärung, daß ihr Mann Selbstmord begangen habe.

In einem Krankenhaus in Düsseldorf lag auch Oskar Koch mit sieben Schuß und Stichwunden. In der Pogromnacht war das katholische Krankenhaus mit Verwundeten überfüllt. Dort lag mit schweren Schädelverletzungen die Frau des Dr. Oppenheim. Im selben Zimmer die siebzigjährige Frau Gabriel. Sie war in Todesangst aus dem Fenster gesprungen, um den Angreifern zu entkommen.

Zur Staatstrauerfeier für vom Rath am Bußtag, dem 16. November, erschien auch Hitler. Vom Flughafen fuhr er sofort zur Rheinlandhalle. Die Feier begann. Das Orchester spielte Beethovens Symphonie "Eroica".

Der erste Trauerredner war Gauleiter Ernst Bohle. Er behauptete, Ernst vom Rath sei ermordet worden, "weil er Deutscher war und damit Nationalsozialist": "Mit ihm sind Wilhelm Gustloff und die in Rotspanien ermordeten Parteigenossen stumme und doch leidenschaftliche Ankläger ...

Die Schüsse von Davos, von Barcelona und von Paris hatten nur ein Ziel: dieses eine Ziel heißt Deutschland ... das Dritte Reich."

Der zweite Trauerredner war Reichsaußenminister von Ribbentrop. Er rühmte "die Kunst deutscher und französischer Ärzte, die Kameradschaft eines französischen Frontkämpfers, der mit seinem eigenen Blut unserem Landsmann neues Leben schenken wollte. Alles war vergebens. Die Vorsehung hat es anders bestimmt."

Der Vorsehung halfen die Machthaber des NS Unrechtregimes mit List und Lüge nach. Hitler ergriff bei dieser Trauerfeier nicht das Wort. Aber die Zeitungen berichteten: "Tiefer Ernst lag auf seinem Antlitz, als er im stillen Gedenken mit erhobenem Arm Abschied nahm von dem Toten."

Nach Weggehen des "Führers" formierte sich der lange Trauerzug. Sein Weg führte vorbei am Spalier der Düsseldorfer Bevölkerung hin zum Nordfriedhof. Voran das Ehrenzeichen der NSKK-Standarte Nr. 30, von da an genannt "Ernst vom Rath".

Der Friedhof wurde erreicht. In das offene Familiengrab legte man zuerst den Kranz des "Führers". Dann hoben Kameradenhände den Sarg von der Lafette und senkten ihn unter feierlichen Klängen in die Gruft.

Bischof Peters rief bei seiner Grabrede aus: "Ernst vom Rath war ein Held der Freiheit, und Helden der Freiheit stehen auf ... Es gilt, die Bahn der Sendung weiter zu beschreiten, die uns der Allmächtige durch Adolf Hitler rief ... Wir wissen, wer für die Tat verantwortlich ist. Wir fragen in dieser Stunde die Völker der Welt: Was wollt ihr tun gegen den Geist jenes Volkes, gegen Juda?

Drei Ehrensalven krachten über die Stille des Nordfriedhofs hinweg.

Diese Staatstrauer- und Beerdigungsfeiern für den vermeintlich ermordeten vom Rath wurden durch den Rundfunk und durch Lautsprecheranlagen in den Konzentrationslagern übertragen.

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Die meisten der "in Schutzhaft" genommenen rund 30.000 "November Juden" mußten stundenlang auf dem Appellplatz angetreten stehen und sich die Übertragung des Berichts über die Bestattungsfeierlichkeiten anhören.

Einer der drangsalierten Häftlinge war ein ehemaliger deutscher Fliegeroffizier Hauptmann Wolf, Ritter des Ordens Pour le Mérite. Wolf hatte im Ersten Weltkrieg ein Flugzeuggeschwader befehligt, dem auch eine Zeitlang Hermann Göring angehört hatte.

Aufseher im KZ Sachsenhausen zwangen die "November-Juden" im Chor laut zu singen "Wir haben Gesandtschaftsrat vom Rath getötet!"

ALL RIGHTS RESERVED BY THE AUTHOR RUDOLF HOFFMANN P. F.


Verzeichnis der angeführten Schriften

1. Bonnet, Georges: Défense de la Paix 1936 1940, II: Fin d'une Europe, Paris 1948.

2. Burghard, Waldemar/Herold, Horst u. a. Hrsg.: Kriminalistik Lexikon, Heidelberg 1984.

3. Goebbels, Joseph: Der Fall Grünspan, Völkischer Beobachter v. 12./13.09.1938.

4. Grimm, Friedrich: Politische Justiz, die Krankheit unserer Zeit, Bonn 1953.

5. Heiber, Helmut: Der Fall Grünspan, Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 1957,

S. 134 172.

6. Hirschberg, Max: Das Fehlurteil im Strafprozeß, Stuttgart 1960.

9. Hoffmann, Rudolf: Attentat oder Täuschungsmanöver? Der Anschlag auf Kaiserin

Elisabeth von Österreich. GESCHICHTE historisches Magazin Nr. 49, Zürich 1982.

10. Hoffmann, Rudolf: Der Leichenfund von Mülhausen im Lichte der Sachbeweisforschung. Zur Kriminalaffaire Dr. Hanns Martin Schleyer Skriptum

FS 78, Lüdenscheid 1984.

11. Kaul, Friedrich: Der Fall Herschel Grynszpan, Berlin 1965.

12. Kroschel/Doerner: Die Abfassung der Urteile in Strafsachen. Ein Wegweiser für die Praxis. 22. Aufl. München 1972.

13. Peters, Karl: Justiz als Schicksal. Ein Pläydoyer für "die andere Seite", Berlin/New York 1979.

14. Peters, Karl: Strafprozeß. Ein Lehrbuch, Karlsruhe 1986.

15. Roizon, Ron: Grynszpan: The Fate of a Forgotten Assassin. Holocaust and Genocide Studies, Oxford/Frankfurt/M. 1986, S. 217 228

16. Prokop, Otto/Reimann, Wolfgang: Vademecum Gerichtsmedizin. Für Mediziner, Kriminalisten und Juristen. Berlin 1980.

17. DER SPIEGEL, das deutsche Nachrichtenmagazin, 1960, 36, S. 22 25

18. Thalmann, Rita/Feinermann, Emmanuel: La Nuit de Cristal, Paris 1972. Deutsch: Die Kristallnacht, Frankfurt/M. 1987.

19. Thorwald, Jürgen: Die Stunde der Detektive. Werden und Wesen der Kriminalistik, München/Zürich 1966.

20. Torrès, Henry: Accusés hors série, Paris 1957.

21. Walder, Hans: Kriminalistisches Denken, Hamburg 1975.

22. Diewerge, Wolfgang: Anschlag gegen den Frieden. Ein Gelbbuch Über Grünspan, München 1939.

23. Spieß, Alfred/Lichtenstein, Heiner: Unternehmen Tannenberg. Der Anlaß zum Zweiten Weltkrieg, Wiesbaden/München 1979.

Verbunden ist der Autor dem Stadtarchiv Lüdenscheid und dem Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes in Bonn für die Zurverfügungstellung von Ablichtungen von Archivalien, ferner dem Institut für Zeitgeschichte in München für die Mitteilung bibliographischer Daten. Vergebens angeschrieben wurden französische Archive und das Zentrale Staatsarchiv Potsdam

(3 Seiten Fotos nicht aufgenommen.VF)


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