Abschrift

Berlin, den 16. April 1942.

N i e d e r s c h r i f t

über die Sitzung beim Chefpräsidenten des Volksgerichtshofs, Dr. T h i e r a c k , am 16.4.1942.

Es nahmen teil:

Chefpräsident Dr. Thierack

Ministerialrat Diewerge

Geheimrat Günther

Gesandter Dr. Krümmer

Senatspräsident Dr. Engert

stellv. RPA-Leiter Voss.

Geheimrat Günther trug zur Gestaltung des Prozessablaufes noch verschiedene Wünsche des Reichsaussenministers vor, die er für den Volksgerichtshof und für uns noch schriftlich formulieren wird. Ministerialrat Diewerge wies darauf hin, dass der Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda aus politischen - propagan-distischen Gründen jede Diskussion über die homosexuelle Frage und über den Ju-dentransport von Hannover an die polnische Grenze als unter keinen Umständen angängig bezeichnet habe und dass eine neue Führerentscheidung darüber einge-holt würde, ob der Prozess auch auf die Gefahr hin durchzuführen sei, dass der An-geklagte seine Aussagen auf die angeblichen unerlaubten Beziehungen hinlenken würde.

Der Chefpräsident des Volksgerichtshofs, Dr. Thierack, und Senatspräsident Dr. En-gert äusserten sich dahin, dass es bei geschickter Verhandlungsführung möglich sein würde, Vorstösse des Angeklagten zum homosexuellen Komplex und zum Ju-dentransport in positiver Weise zu erledigen. Sie schlugen vor, ihnen zur Erörterung dieser Fragen einen Termin bei dem Herrn Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda zu verschaffen, da sie erhebliche Bedenken gegen die Taktik hätten, dem Angeklagten bei Erwähnung der fraglichen Punkte einfach das Wort abzu-schneiden. Sie erklärten ferner, auf die Vernehmung der Rote Kreuz-Schwestern zum Judentransport verzichten zu können, jedoch wurde vorgeschlagen, einen Transportführer, der von Prof. Grimm benannt werden könnte, als Zeuge wenigstens bereitzuhalten.

Chefpräsident Dr. Thierack wies nochmals darauf hin, dass die Festsetzung eines Prozesstermins nicht möglich sei, bevor der Volksgerichtshof nicht über eine amtli-che Erklärung der französischen Regierung zur Frage der Auslieferung verfüge. Ge-heimrat Günther und Gesandter Dr. Krümmer erklärten, diese Angelegenheit schnellstens erledigen zu wollen.

gez. Voss.

Eigentum des Deutschen Zentralarchivs


[ top of page ]